: Beitragssenkung oder Presseausweis
Nach dem Ausschluss des Berliner Journalistenverbandes aus dem DJV buhlen alter und neuer Verband um Mitglieder. Exjustizsenatorin erklärt derweil die Berliner Vorstandswahlen für rechtens. Die waren Ausgangspunkt des Streits
Das Sommertheater im Berliner Journalistenstreit geht weiter. Die Hauptrolle spielt dabei – der Presseausweis. Da ist zum einen der am vergangenen Freitag mit großer Mehrheit beim Verbandstag aus dem Deutschen Journalistenverband (DJV) wegen Satzungsverstößen ausgeschlossene Berliner Journalistenverband. Der bemüht sich nun, seine Mitglieder bei der Stange zu halten. Und dann ist da noch der an nämlichem Freitag neu gegründeten Verein Berliner Journalisten. Der wirbt für den Umstieg.
„Wir appellieren an die Kolleginnen und Kollegen, aus dem alten Verband auszutreten“, sagte Gerd Kothy, Vorsitzender des neuen Vereins, gestern der taz: „Nach dem Beschluss des DJV-Verbandstages entsteht den Mitgliedern kein Nachteil aus dem Ausschluss. Der neue Verein bietet ihnen die gleichen Vorteile – und einen echten Neubeginn.“
Auch der alte Verband wirbt mit Serviceleistungen wie „Rechtsschutz und Steuerberatung“ um seine nach eigenen Angaben rund 3.800 Beitragszahler. Sie könnten sogar auf eine Senkung der Mitgliedsbeiträge hoffen – schließlich fielen jetzt durch den Ausschluss aus der Bundesorganisation Zahlungen von „mehr als 300.000 Euro jährlich an den Bund“ weg.
Das Stichwort „Presseausweis“ fehlt allerdings in der Liste des Altverbandes – aus gutem Grund: Durch den Ausschluss aus dem Bundes-DJV darf er nach Auskunft von DJV-Justitiar Benno Pöppelmann keine mehr ausstellen. Doch hieran dürften die meisten Mitgliedschaften hängen. Zudem fungiert der Berufsverband DJV gleichzeitig als Gewerkschaft der Journalisten – auch hier ist der alte Berliner Verband wohl abgekoppelt.
Der neue Verein soll dagegen beim nächsten DJV-Verbandstag im Herbst zum offiziellen Landesverband des DJV gekürt werden – inklusive des Rechts auf Ausstellung von Presseausweisen. Sein Problem: Eine Möglichkeit zur automatischen Überleitung vom ausgeschlossenen Altverband in die neue Organisation gibt es nicht.
Hintergrund der Querelen sind die umstrittenen Berliner Vorstandswahlen von Anfang Juni. Diese hatte der langjährige Vereinsvorsitzende Alexander Kulpok dank zuvor organisierter Übertritte von rund 40 Personen aus dem mittlerweile ebenfalls aus dem DJV ausgeschlossenen Brandenburger Landesverband knapp für sich entscheiden können. Dass diese „Überweisungen“ vom einen in den anderen Verband knapp vor den Wahlen rechtmäßig abgelaufen seien, zweifelt der Bundesverband laut Pöppelmann an.
Dem widerspricht die ehemalige Berliner Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit. Sie war vom Berliner Altverband mit der Prüfung der Wahl beauftragt worden. „Die Überweisungen von Brandenburg an Berlin sind völlig satzungsgemäß abgelaufen“, sagte die Anwältin gestern der taz. Die fraglichen Mitglieder seien „alle stimmberechtigt“ gewesen: Sie hätten ihren Übertritt erklärt, der abgebende Brandenburger Verband habe sie an den Berliner Verband überwiesen, dort seien sie ordnungsgemäß als Neumitglieder begrüßt worden – und damit bei den Berliner Wahlen stimmberechtigt gewesen, so Peschel-Gutzeit. Das habe man beim Verbandstag am Freitag aber „wohl nicht hören wollen“.
Oder können: Laut DJV-Bundessprecher Zörner sei die Stellungnahme nur en passant von zwei Berliner Delegierten erwähnt worden – und habe dem Bundesverband nicht schriftlich vorgelegen. Der bleibt eh bei seiner Ablehnung, da Peschel-Gutzeit erst am 30. Juni einseitig vom Berliner Altverband berufen wurde. Der hatte aber schon Anfang Juni mit dem Bundesvorstand vereinbart, unverzüglich gemeinsam einen unabhängigen Gutachter mit der Wahlprüfung zu beauftragten. „Darauf hat Berlin unserer Auffassung nach nur mit Verzögerungstaktik reagiert“, so Pöppelmann.
Dazu dürfte auch gehören, dass der Altverband gerichtlich gegen den Ausschluss vorgeht. Neu-Vereinschef Kothy sieht das gelassen: „Ich sehe im eindeutigen Votum des Verbandstages einen Auftrag – und endlich eine Chance für die Berliner Journalisten.“ STEFFEN GRIMBERG