Mehr Kanalarbeiter als Überflieger

Jörg Bode ist eine neue Säule der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen. Heute soll der Bankkaufmann aus Celle Nachfolger von Philipp Rösler als Fraktionschef der Landes-FDP werden. Der 38-Jährige steht für liberale Bildungspolitik und weniger Glamour. Bislang war er der Mann fürs Zündeln

VON KAI SCHÖNEBERG

Ein Trüffelschwein sei er und ein Arbeitstier, loben seine Parteifreunde. In der FDP glauben sie sogar, dass ihr Jörg Bode dem als Hardliner verschrieenen CDU-Innenminister Uwe Schünemann schon häufig die Ketten angelegt hat. Bürgerrechtler wiederum vermissten häufig das Engagement der Freiheitlichen in der Asylpolitik oder in Sachen polizeiliches Spitzeln. „Die DNA-Massentests und vieles andere, was Schünemann wollte“, sagt gleichwohl ein Kollege des künftigen Fraktionschefs der Niedersachsen-FDP, „ist alles an Bode gescheitert.“ Der habe „immer klare Kante gezeigt“.

Der da spricht, ist Christian Dürr. Er ist Teil der Ämter-Rochade, welche die Pensionierung von Wirtschaftsminister Walter Hirche, 68, auslöst. Bislang Umweltexperte der Landtagsfraktion, rückt Dürr zum Parlamentsgeschäftsführer der Fraktion (PGF) auf. Am heutigen Dienstag soll der Innenpolitiker und bisherige PGF Bode zum Fraktionschef der Landtagsliberalen gewählt werden. Bode folgt damit Philipp Rösler, der am Mittwoch Wirtschaftsminister wird. Der Bankkaufmann aus Celle wird damit zu einer der Säulen der schwarz-gelben Koalition.

Wenn zuletzt von der kraftlosen Regierung in Niedersachsen die Rede war, zielte das vor allem Richtung CDU: Seit Monaten ziehen die Christdemokraten den Ärger von Lehrern, Eltern und Schülern auf sich, Ministerpräsident Christian Wulff wirkt lustlos und gab zu, er sei kein „Alphatier“. Im Windschatten des niedersächsischen Regierungsrumorens: Koalitionspartner FDP – die wirkte irgendwie glamouröser, ohne allerdings unbedingt bessere Politik gemacht zu haben.

Grund dafür ist Rösler. Er hat Vorfahren aus Vietnam, redet geschliffen, ist seit Jahren Anwärter auf alle möglichen Posten. Und: Er stichelt bisweilen sogar wider seinen Parteichef Guido Westerwelle in Berlin. „Ich strebe nicht an, Krieg gegen Guido zu führen“, sagt hingegen Bode und streichelt über seine Kaffeetasse, auf der „Mehr Inhalt – FDP“ steht.

Bode ist kein Rösler-Klon: Er kommt aus Celle, absolvierte eine Lehre statt eines Medizinstudiums, ist eher ein liberaler Kanalarbeiter – bei den Untersuchungsausschüssen zu Tiefwasserhafen und Transrapid hielt er Minister Hirche den Rücken frei –, als dass man ihn einen Überflieger nennen könnte. Das muss nicht schlecht sein: Warum soll die FDP nicht etwas bodenständiger werden? Nur: Mehr Eigenverantwortung, weniger Bürokratie – das FDP-Grundgesetz betet der 38-Jährige mit Worten herunter, die noch nicht recht im Kopf haften bleiben wollen.

Mitte der 90er Jahre verlor Bode noch eine Abstimmung um den Chefposten der Landes-Julis gegen Rösler. Seit 2005 ist Bode PGF. Nun teilen sich beide die Arbeit: Bode zündelt, Rösler kocht die Konflikte mit der CDU wieder runter. Die gab es bei Bürgerstreifen, Sterbehilfe und bei der Härtefallkommission.

Rösler hat oft versprechen müssen, die Handschrift der FDP deutlicher zu zeigen. Bode will die Liberalen breiter aufstellen. „Bildung“, sagt er, „ist das Mega-Thema der Landtagswahl 2013.“ Die erlebte Unterrichtsversorgung sei „zurzeit schlecht“, deshalb sollen Lehrer-Überstunden und Fahrkosten für Pädagogen besser bezahlt, Lehrer von Verwaltungsarbeit entlastet werden. Im kommenden Schuljahr fehlen im Land 1.500 Lehrkräfte.

Bode hat sich einst an einer Celler Tanzschule zum Tanzlehrer hoch gejobbt; Abzeichen Super Goldstar Rang 3. Nun sollen 13 FDP-Abgeordnete nach seiner Pfeife tanzen. Ob sie heute alle für ihn stimmen? „Es hat keiner gesagt, ich wähl’ dich nicht“, so Bode. „Everybody’s Darling“, sagt indes ein FDP-Parlamentarier, „ist ja auch Everybody’s Depp.“