Wowereit das Brot ordentlich versalzen

Platte Wortwitze, kindische Verhaltensweisen: Drei Stunden lang kritisieren Opposition und IHK den Regierenden Bürgermeister im Stadtentwicklungsausschuss dafür, dass er die Modemesse „Bread & Butter“ nach Tempelhof holte

Die Wortspielchen mit dem Brot und der Butter werden langsam ranzig, und trotzdem scheinen sie bei jedem Gespräch über Tempelhof unvermeidlich. „Frau Junge-Reyer, offensichtlich hat Ihnen Herr Wowereit die Butter vom Bread genommen“, giftet die CDU-Abgeordnete Stefanie Bung am Montag im Stadtentwicklungsausschuss. Sie erntet wenige Lacher. Zu sehr sind die Fraktionsvertreter damit beschäftigt, ihre Angriffe auf wahlweise den Regierenden Bürgermeister, die Gesandten des Flughafenvermieters BIM und der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Politiker der gegnerischen Parteien vorzubereiten: Die Sitzung zur Vermietung der ehemaligen Flughafengebäude an die Modemesse „Bread & Butter“ gerät einmal mehr zum Schlagabtausch. Mal lustig, mal kindisch – leider selten erhellend.

Anlass ist das Vorgehen von Klaus Wowereit (SPD). Im Alleingang hat der Regierende Bürgermeister die Messe aus Barcelona nach Berlin geholt und damit andere Interessenten wie die Filmstudios Babelsberg vor den Kopf gestoßen. Die sagen, sie könnten Tempelhof nicht mehr nutzen, weil die Gebäude jeweils zwei Monate im Jahr von der Messe blockiert werden. Außerdem wollen die Abgeordneten wissen, wie viel „Bread & Butter“ zahlt.

Der Regierende Bürgermeister hat sich drei Stunden Zeit genommen, „herabgelassen“, wie die CDU-Fraktion bemerkt. Statt konkrete Zahlen zu liefern, keift er vorzugsweise Franziska Eichstädt-Bohlig von den Grünen an. Die hat schon vorab im Inforadio gestänkert und Wowereit die Aktivität eines „wild gewordenen Handfegers“ bescheinigt. Auf diesem Niveau bewegt sich die Diskussion über weite Strecken.

Wowereit verteidigt sich erneut. „In ganz Europa wäre der goldene Teppich ausgerollt worden, wenn die ‚Bread & Butter‘ gekommen wäre“, sagt er. Sonst ertöne stets der Ruf „Chefsache“, da solle die Opposition froh sein, dass er diesmal selbst entschieden habe. Die eigentliche Herrin über das Areal, Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), sitzt meist stumm daneben und sagt höchstens Sätze wie: „Tempelhof ist als internationale Marke in aller Welt bekannt.“

Vom Ablauf her ist es nach den Worten von BIM-Chef Sven Lemiss so gewesen: Die Messe bekundet Mitte November 2008 Interesse. Wowereit stellt den Kontakt zwischen „Bread & Butter“ und der Berliner Immobilienmanagement GmbH her. Im Dezember wird verhandelt; die Messe sagt, Tempelhof oder gar nicht Berlin. Parallel dazu läuft ein Ideenwettbewerb zur Nachnutzung des Exflughafens. Im Januar verkündet Wowereit den Einzug der Messe.

Mit dem Wettbewerb sollte lediglich die Vermarktungsfähigkeit getestet werden, wiegelt Junge-Reyer ab – und IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder schäumt. „So wie das Verfahren gelaufen ist – im Umgang mit Interessenten und Investoren –, schadet das der Verlässlichkeit unserer Stadt.“ Viele Firmen hätten Zeit und Energie in den Wettbewerb investiert und fühlten sich betrogen. Eder wirft dem Senat vor, mit einem zweiten Standort für Messen der landeseigenen Messe Berlin zu schaden. Grüne und FDP stimmen ein. Die SPD-Fraktion spricht von gespielter Empörung und verweist auf die 120 Millionen Euro pro Jahr, die die Messebesucher einbringen sollen. So vergehen drei Stunden.

Am Mittwoch geht es weiter. Tempelhof ist Thema im für Finanzen zuständigen Hauptausschuss, mit Wowereit. Auf ein Neues. KRISTINA PEZZEI