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Archiv-Artikel

Länger arbeiten für weniger Rente

Abschlussbericht der Rürup-Kommission empfiehlt Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre, schrittweise Senkung der Renten und Abschaffung von Sonderregeln bei der Frühverrentung. Gewerkschaften zweifeln an Verfassungsmäßigkeit von Kürzungen

von ANDREAS SPANNBAUER

Arbeitnehmer sollen zukünftig länger arbeiten und dafür weniger Rente beziehen. Das sieht der Abschlussbericht der „Kommission zur Reform der Sozialsysteme“ unter Leitung des Ökonomen Bert Rürup vor.

Nach Angaben der Bild am Sonntag raten die Experten in ihrem Bericht dazu, „den Anstieg der Renten zu dämpfen und damit die Beitragszahler zu entlasten“. Zu diesem Zweck soll die Rentenformel um einen „Nachhaltigkeitsfaktor“ ergänzt werden. Demnach würde die Rentenerhöhung um jährlich 0,5 Prozent niedriger ausfallen als jetzt.

Auch das Renteneintrittsalter soll schrittweise zwischen 2011 und 2030 von 65 auf 67 Jahre angehoben werden; Frühverrentung soll künftig erst ab 64 Jahren möglich sein. Wer früher in Rente geht, muss einen Abschlag von 0,3 Prozent pro Monat hinnehmen. Ausnahmen bei gesundheitlichen Beschwerden nach harter körperlicher Arbeit soll es nicht mehr geben.

Die Kommission warnt zudem davor, Frühverrentung als Mittel der Arbeitsmarktpolitik einzusetzen. Wichtig sei die Einsicht, dass eine Frühverrentung „durch den damit verbundenen Anstieg der Lohnnebenkosten eher Arbeitslosigkeit schafft als verringert“. Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer müsse durch den Gesetzgeber gestärkt werden.

Die Rürup-Kommission geht davon aus, dass der Rentenversicherungsbeitrag, falls die Vorschläge umgesetzt werden, nicht über 22 Prozent steigen wird. Derzeit liegt der Beitrag bei 19,5 Prozent.

Rückendeckung erhielt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) von der Kommission auch für seine Forderung nach einer Nullrunde für Rentner. Die Kommission geht davon aus, dass durch eine solche Nullrunde im Jahr 2004 der Beitragssatz dauerhaft um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte gesenkt werden könnte. Schröder hatte angekündigt, mit Zuwächsen bei den Renten könne man „für etliche Jahre nicht rechnen“. Auch Umweltminister Jürgen Trittin unterstützte die Forderung nach einer Nullrunde. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel lehnte den Vorschlag dagegen ab und forderte eine neue Rentenformel, die den Alterungsprozess der Gesellschaft wieder beschreibe.

Bei Gewerkschaften und Sozialverbänden stoßen die Vorschläge der Bundesregierung auf heftige Kritik. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer sagte, bei weiteren Einschnitten könne das Rentenniveau von jetzt knapp 70 Prozent schnell auf unter 60 Prozent absinken. „Ob das dann noch eine verfassungskonforme beitragsbezogene Rente ergibt, ist höchst zweifelhaft.“ Nach Ansicht von Engelen-Kefer stellen die Vorschläge die Rentenpflichtversicherung in Frage. Auch der ehemalige Sozialminister Norbert Blüm (CDU) kritisierte die Rentenpolitik der Regierung: „Mittlerweile können Sie die Süddeutsche Klassenlotterie oder das Offenbacher Wetteramt zum Vorbild der Rentenversicherung machen.“ Die SPD hätte „Verkäuferinnen mit einem geringen Monatsgehalt“ vergessen.