: Wowereit kriegt Drillinge
Der Regierende Bürgermeister übernimmt auf Anregung der Grünen Ehrenpatenschaften für Mehrlinge. Senatssprecher: Keine Reaktion auf Schönbohm-Vorwürfe mangelnden Familiensinns
von STEFAN ALBERTI
Klaus Wowereit hatte sich auffallend zurückhaltend geäußert. „Ich bin etwas verwundert“, sagte er, als ihm Brandenburgs CDU-Chef Jörg Schönbohm vergangene Woche vorwarf, als Schwuler demonstrativ bei der Parade am Christopher Street Day mitzufahren und zu wenig für Familien zu tun.Vermutlich hatte er da schon im Kopf, was der Senat gestern beschloss: Der Regierende Bürgermeister wird Ehrenpate für zukünftige Drillinge. 2002 hätte er damit 51 Patenkinder gekriegt. Da macht sich Schönbohms Familiensinn mit drei (eigenen) Kindern zahlenmäßig mau aus. Selbst als Ministerpräsident – er ist Vize – könnte er nicht mithalten: Brandenburg bietet keine Patenschaft an.
Senatssprecher Michael Donnermeyer beeilte sich zwar gestern, darauf hinzuweisen, es handele sich nicht um eine Reaktion auf Schönbohms Vorwürfe. Vielmehr sei die Sache schon länger im Geschäftsgang des Senats. Passend kommt sie trotzdem.
Ein Stückweit erfüllt sich mit dem Senatsbeschluss ein Wunsch des Regierenden, der sich im Juni 2001 beim SPD-Landesparteitag als schwul outete. Er hätte gern Kinder, sagte er Ende vergangenen Jahres, „aber das ist nun nicht so“. Wowereit hatte nach damaliger Aussage früher „sehr lange und auch immer schöne“ Beziehungen zu Frauen. Der Patenschaftsbeschluss fiel parallel zum gestrigen Eklat in Hamburg, wo der geschasste vormalige Innensenator Ronald Schill dem CDU-Bürgermeister Ole von Beust vorwarf, schwul zu sein und seinen angeblichen Freund im Senat zu begünstigen. Wowereit mochte sich dazu nicht äußern.
Zu verdanken hat er die Patenschaft der Grünen-Fraktion. Deren jüngste Abgeordnete Ramona Pop, für Familienpolitik zuständig, hatte sie im Sommer 2002 im Parlament beantragt, samt einer Finanzhilfe für Mehrlingsgeburten. Dabei verwies sie auf andere Bundesländer.
Im Vergleich zu diesen Ländern greift Berlin nicht allzu tief in die Tasche: Zu Wowereits Patenschaft soll es pro Mehrlingsgeburt einmalig 1.500 Euro von der Stiftung „Hilfe für Familie“ geben. Das ist zwar ungefähr so viel wie im finanzstärkeren Bayern, wo es – ohne Patenschaft – einmalig 515 Euro pro Kind gibt. Zusammen 1.500 Euro wie in Berlin gibt es auch in Thüringen für Drillinge. Doppelt so spendabel sind Sachsen und Hessen mit insgesamt über 3.000 Euro, verteilt auf die ersten sechs Lebensjahre und den Schulanfang. Unerreicht aber ist Baden-Württemberg mit 2.500 Euro pro Mehrlingskind – das macht bei Drillingen 7.500 Euro.
Eingefleischte SPD-Gegner müssen nicht befürchten, dass ihnen bei einer Drillingsgeburt Wowereit zwangsweise in die Familie tritt: Der Regierende Bürgermeister übernimmt die Funktion nur, wenn die Eltern das wünschen. Auch der Zweitname Klaus ist nicht verpflichtend.
Der Regierende ist übrigens nicht der erste Berliner Spitzenpolitiker als Ehrenpate: Die Marzahner Chronik verzeichnet für Oktober 1979, dass für die ersten dortigen Drillinge ein gewisser Erich Honecker Pate wurde.