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Archiv-Artikel

Schau ohne Show

Nächste Woche startet die IFA in Berlin. Die Privatsender bleiben zwar auch dieses Jahr weg, und Innovationen gibt es kaum, doch die Messeleitung nennt die IFA „Weltschau der Branche“

von LUCA CARACCIOLO

Geschichte wiederholt sich bekanntermaßen. Also auch die Internationale Funkausstellung (IFA). Zum 44. Mal präsentiert die Traditionsschau ab dem 29. August wieder das Neueste in Sachen Rundfunktechnik. Ebenfalls neu: Die von zehn auf sechs Tage verkürzte Ausstellungszeit.

Gar nicht neu ist dagegen auch 2003 das Fehlen der großen Privatsender. 1997 waren die das letzte Mal dabei, für dieses Jahr wurden sie nochmals von der Messeleitung eingeladen, haben sich nun wohl aber endgültig von der Funkausstellung verabschiedet. „Der Aufwand lohnt sich einfach nicht“, so Sat.1-Pressesprecherin, Kristina Faßler. Die IFA sei nun mal ein „klassisch regionales Event“. Zwar sitzt Sat.1 in der Hauptstadt und damit nur wenige Kilometer vom IFA-Gelände unter dem Funkturm entfernt. Ein mögliches Engagement stehe aber in keinem Verhältnis zur Resonanz. „Immerhin sind wir ein bundesweiter Sender“, so Faßler. Das gleiche Spiel bei RTL. Der Bertelsmann-Sender und Marktführer bei den Zuschauern verweist auf die gerade zu Ende gegangene Telemesse in Köln, eine reine Fernsehprogrammschau für Fachbesucher. Bei der gehe es schließlich um den Verkauf von Werbezeiten, nicht um TV-Elektronik.

Immerhin: ARD und ZDF bleiben der IFA treu. MHP (Multimedia Home Platform) heißt das Zauberwort, mit dem die öffentlich-rechtlichen Sender dem Publikum endlich die Augen für die digitale Zukunft des Fernsehens öffnen wollen. Kleiner Schönheitsfehler: MHP ist so neu nicht. Schon 2001 sollte die Technologie eine Hauptattraktion der IFA darstellen. Mit MHP lassen sich auf Tastendruck Hintergrundinformationen abrufen, oder man kann in Quizsendungen mitraten.

Box ohne Zukunft

Doch von MHP-Verbreitung in den Wohnzimmern kann kaum die Rede sein, offizielle Verkaufszahlen für die Set-Top-Box der Zukunft gibt es jedenfalls keine. „Es bedarf schon noch einiger Koordinationsgespräche zwischen Industrie, Sendern und Kabelnetzbetreibern, um MHP als Standard zu etablieren“, konstatiert Joachim Kind von der zuständigen Arbeitsstelle „digitaler Zugang“ der Landesmedienanstalten.

Das Programmangebot auf der IFA fahren aber auch die öffentlich-rechtlichen Sender zurück. Im beliebten Sommergarten der Messe, in dem das ZDF bei der IFA 2001 noch ein großes „Pop Open Air“ mit internationalen Musikstars zelebrierte, sind sie dieses Jahr nicht verteten. Damit fehlt der Messe das Highlight für Normalbesucher“. Auch wenn noch aus der einen oder anderen Messehalle live gesendet wird, hat sich das Programm immer mehr von der IFA verabschiedet.

Ganz wie zu Anfang der IFA-Geschichte 1924, als das Radio der Messehit schlechthin war, steht die Technik im Vordergrund. Doch der IFA droht auf lange Sicht die Luft auszugehen: Die digitale Zukunft des Rundfunks bringt zwar nette Neuerungen für den Durchschnittsverbraucher. Interaktive Menüs, bessere Bild- und Tonqualität, noch mehr Programme –, aber reicht der Schwung, um die IFA auch in Zukunft interessant für den Normalverbaucher zu machen? „Keiner will sich auch noch mit seinem Fernseher unterhalten“, hatte schon vor Jahren der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma gelästert. Doch Messesprecher Reinhard Bank gibt sich selbstbewusst: „Die IFA ist die Weltschau der Branche“, sagt er. Und mit über 900 Ausstellern auf 180.000 Quadratmetern kann sie immerhin das Niveau von 2001 halten.

Konkurrenz an der Leine

Die Besucherzahlen sind aber eher rückläufig: Waren es 1997 beim letzten vollen Programm inklusive Privatsender noch über 430.000, kamen 1999 und 2001 nur noch rund 370.000. Der Besucherschwund sage aber nicht viel über den Erfolg der Messe aus, meint Bank. Die IFA sei schließlich nicht nur Publikumsgaudi, sondern auch Fachmesse. Und zwar „die wichtigste in Europa“. 2001 waren bereits rund ein Drittel der Besucher vom Fach, die nach IFA-Angaben Geschäftsabschlüsse im Wert von 2 Milliarden Euro tätigten.

Doch zu allem Überfluss wird die IFA als Technikschau künftig noch eine ganz andere Größe im Auge behalten müssen: Um ihre Produkte und Projekte für mobiles Internet und interaktives Fernsehen vorzustellen, wählte die SevenOne Intermedia (das Multimedia-Unternehmen der ProSiebenSat.1-AG) gemeinsam mit den Eletronikriesen Sony und Ericsson den März – und damit die Eletronik- und Computerfachmesse Cebit in Hannover.