ORTSTERMIN: WARTEN AUF DAVID
: Vielleicht weiß Ronaldinho, wo Beckham ist

Wenn er irgendwo ist, dann doch wohl hier. Das Parkhotel liegt ruhig, aber prachtvoll vor den Toren des Bürgerparks. Sollte Bremen sein Mittelmaß an einem Ort überwinden, dann an diesem. Zwei Italiener stapfen vorbei, „quarantacinque“, schnappe ich im Vorbeigehen auf. Fünfundvierzig. „Summe in Millionen, die Milan für Beckham hingeblättert hat“, hieße es bei Jeopardy vielleicht. Oder vierhundert Millionen. Kommt nicht drauf an.

Mattes Eis rahmt das Parkhotel ein, hinter dem Tresen stehen drei glatt gebügelte Damen. „Na, wo isser denn jetzt?“, frage ich. „Wie bitte? Wen suchen Sie denn?“ Wohl noch nicht ganz da, die Damen. „Na David. Beckham!“ Als gäbe es da noch Fragen. „Bei uns übernachtet nur Werder, die gegnerische Mannschaft ist im Swissotel, glaub’ ich.“ Und tatsächlich, im Foyer lümmelt Diego auf dem Kanapee herum. Diego. Wie langweilig.

Keine Zeit verlieren, weiter. Haben sie Beckham ins Swissotel abgeschoben, so was. Die Wirtschaftskrise hat auch Berlusconis Fussballdelegation erreicht. Kurz vor Erreichen des Hotels auf der anderen Bahnhofseite überholt mich ein Bus – das müssen sie sein, da sitzen Ronaldinho, Seedorf und Beckham beim Pokern drin. Wieder nichts. Es ist die 24 nach Rablinghausen.

Vor dem Swissotel herrscht gespenstische Stille. Die Ruhe vor dem Sturm. Scheinbar unauffällig gehen ein paar Rentner auf und ab, werfen Blicke Richtung Hoteleingang. Ein Mann betritt das Hotel, fuchtelt mit zwei Handys gleichzeitig. Nervös hastet er hinein. Ich versuche, es ihm nachzutun – „Wo wollen Sie denn hin?“, fragt mich ein adrett gekleideter Portier. „David Beckham wohnt, Pardon, übernachtet doch bei Ihnen.“ Der Mann räuspert sich. „Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Ich mein’, ich will natürlich auch nicht lügen …“ Sehr gut! Peu à peu nähere ich mich meinem Point of Destination.

Ist das da oben Ronaldinho? Sieht ganz so aus. Vielleicht weiß der, wo Beckham ist… Zügig versuche ich, die Stufen zum ersten Stock zu erklimmen, wo etwas Ronaldinhoähnliches hinter einer Glasfassade hervorschimmerte. „Hier geht’s nicht weiter. Mittagspause bei Milan“, teilt mir ein weiterer Ordnungshüter mit.

Ungeduldiges Ausharren vor den Pforten des Hotels, das muss doch mal ein Ende haben. Zwei Teeniemädchen stecken kichernd ihre Köpfe zusammen. „Ihr wartet wohl auch auf David?“ Noch mehr Kichern. „Wir haben Freistunde und nichts Besseres zu tun.“ Despektierlich. Sollte Herr Beckham letzten Endes nicht mehr als eine Freistunde wert sein? Dann wollen sie aber doch wissen, hinter welchem Fenster er sich da drinnen verbirgt.

Der dürfte da oben irgendwo Siesta machen, die Frisur leicht durchgewühlt, später wird ein gelverklebter Kopfkissenbezug von ihm in Bremen bleiben. Ein kräftiger Mann mit sportlicher Weste erscheint und zückt seine Handycam. „Das könnt ihr vergessen“, sagt er, „vor heute Abend wird da gar nichts gehen“. Er strahlt Kompetenz aus. Ein Mann des Sports, ganz klar.

„Wollt ihr David Beckham sehen?“, fragt der Mann. Und Sekunden später ist ER da, auf dem Handydisplay. Mit welcher Leichtigkeit er durch die Wallanlagen schlendert. Schön, ihm dabei zuzusehen. Beckham war in Bremen. Ich sehe es genau. JENS UTHOFF