: Erlebnismuseum Hafen
Die Stiftung Hamburg Maritim will das alte Umschlagswesen aufleben lassen. Gestern hat sie sich Teile der alten Hafenbahn gesichert
von gernot knödler
Joachim Kaiser ist bei Tom Sawyer in die Lehre gegangen. Wie Mark Twains Lausebengel will er die Leute schuften und sie dafür auch noch Geld bezahlen lassen. Als Vorstandsmitglied der Stiftung Hamburg Maritim will er an den 50er-Schuppen am Hansa-Hafen ein Erlebnismuseum einrichten, das den Hafen so zeigt, wie er früher mal war und in dem Besucher nach dem Vorbild amerikanischer Museen Hand anlegen können. Jetzt sucht die Stiftung Enthusiasten, die ehrenamtlich schrottreife Museumsstücke restaurieren und später einmal damit durch die Gegend fahren. Seine jüngste Erwerbung sind 18 Eisenbahnwagen und -lokomotiven, die früher einmal im Hafen oder als Werksbahnen unterwegs waren.
Die Stiftung ist 2001 auf Initiative der Handelskammer gegründet und mit einem Kapital von umgerechnet rund 50.000 Euro ausgestattet worden. Sie soll das materielle Erbe der maritimen Vergangenheit Hamburgs bewahren und daraus für die Stadt Kapital schlagen: durch Hebung des Selbstwertgefühls und durch das Anlocken von Touristen. Die Anfänge hierzu liegen weit zurück und sind an den Landungsbrücken mit der Rickmer Rickmers und der Cap San Diego sowie im Museumshafen Övelgönne zu besichtigen.
Die Stiftung übernahm bei ihrer Gründung unter anderem den ehemaligen Staatsdampfer Schaarhörn und den Hochseekutter H.F 231 Landrath Küster, die von dem Beschäftigungsträger Jugend in Arbeit restauriert wurden. Dazu kommen aber auch ausgesprochene Arbeitsgeräte wie der Bergungsdampfer Taucher Flint III und der Eimerkettenbagger Alster. Für jedes Schiff wurde ein Verein gegründet, der sein Objekt auf eigene Rechnung erhält und betreibt.
Auch für den Zug sucht Kaiser Ehrenamtliche. Dass ihr Reservoir bei den vielen Museumsschiffen zur Neige gehen könnte, fürchtet er nicht. „Das sind alles andere“, sagt Kaiser. Schiffsenthusiasten sind nicht gleich Eisenbahn-Fans und umgekehrt. Insgesamt 500 Mitglieder haben die mit der Stiftung assoziierten Betriebsvereine für die Schiffe.
Um den größten Teil der Bahnfahrzeuge hatte sich der Verein „Freunde der Eisenbahn“ gekümmert. Sie sollten Teil eines Bahnmuseums in Wilhelmsburg werden, das 1994 jedoch einer Brandstiftung zum Opfer fiel. Ein Teil der Fahrzeuge wurde weggegeben. Der Rest gammelte vor sich hin, bis ihn die Stiftung in letzter Minute vor der Verschrottung gerettet hat.
Kaiser sieht in den Fahrzeugen die ideale Ergänzung zu dem Museumsprojekt, das die Stiftung zusammen mit dem Museum der Arbeit aufbauen will. „Ich bin hier angetreten, ein Stück historisches Hafenleben wieder erstehen zu lassen“, sagt Kaiser. Was ihm dazu fehlt, ist ein Stückgutfrachter nach dem Vorbild der Cap San Diego, der mit den am Kai stehenden alten Kränen entladen werden und so die Kette des historischen Güterumschlags in Gang setzen könnte. Dem Touristen, der hier in zehn Jahren einmal durchspaziert, könnte es passieren, dass ihm einer eine Sackkarre in die Hand drückt oder dass er auf den Führerstand eines Krans geholt wird.
„Ein Museum, das sich selbst erklärt“, schwebt Kaiser vor und zwar eines, das ohne Staatsknete auskommen soll. Für die Stationen sucht er deshalb traditionelle Hafenunternehmen, die sich durch so eine Partnerschaft nebenbei präsentieren könnten.