Eine Stiftung für traumatisierte Flüchtlinge

Seit 20 Jahren hilft Refugio Folter- und Bürgerkriegsopfern, ihr seelisches Leid zu überwinden

„Doktor Refugio“ wollen viele sprechen, die bei Nuran Cavus anrufen. Von Bekannten, Verwandten oder anderen Beratungsstellen haben sie die Nummer des „Psychosozialen Behandlungszentrums für Flüchtlinge und Folterüberlebende“ in Schwachhausen bekommen, das vor 20 Jahren gegründet wurde.

Cavus arbeitet dort am Empfang und erklärt, dass es nicht einen Doktor gibt, sondern fünf Therapeuten und Therapeutinnen, die Menschen behandeln, „die seelisches Leid erfahren haben“. Erklären muss sie auch, dass die Behandlung nicht sofort losgeht, dass es eine Wartezeit gibt, die bis zu einem halben Jahr lang sein kann. Die Menschen, die anrufen oder auch gleich in der Parkstraße klingeln, kommen aus allen Kriegs- und Bürgerkriegsregionen der Welt, ein großer Teil sind derzeit Roma aus dem Kosovo sowie Kurden aus der Türkei. Frauen und Männer halten sich die Waage. Eher selten kämen Afrikaner, so gut wie nie Asiaten, hat die Psychologin und Refugio-Mitgründerin Ingrid Koop beobachtet. „Wir wissen nicht, woran das liegt, vielleicht ist die Vorstellung, über sich und seine Probleme zu reden, zu fremd.“

Die Sprache an sich soll kein Hindernis sein, Refugio arbeitet mit 25 extra ausgebildeten DolmetscherInnen zusammen, die Erlebnisse von Folter, Vergewaltigung, Flucht und Krieg übersetzen. Ein weiterer Unterschied zur „normalen“ Therapie: „Da hängt das Wohlbefinden der Patienten nicht an der Politik der BRD“, sagt Koop. Anstatt hier in Sicherheit leben zu können, gehe das Trauma weiter. Wegen eines unsicheren Aufenthaltsstatus leben viele mit einer drohenden Abschiebung und damit mit Todesangst.

Inhaltlich unterscheide sich die Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingen nicht von der mit Menschen ohne Fluchterfahrung, sagt Koop. „Die sind ja mehr als ihr Trauma, sondern Menschen mit Stärken und Schwächen.“

Zwischen 250 und 300 Menschen betreut Refugio jährlich, ein Fünftel kommt aus Niedersachsen und Hamburg, wo es keine vergleichbaren Einrichtungen gibt. Um die Wartezeiten abzukürzen vermittelt die Einrichtung auch an niedergelassene KollegInnen in Bremen, einige von diesen arbeiten ehrenamtlich. „Der Bedarf ist enorm“, sagt Koop, aber auch, dass die Grenzen ihrer Möglichkeiten erreicht seien. Ihr Ziel ist derzeit, vor allem die Angebote für Kinder und Jugendliche auszubauen, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie ehemalige Kindersoldaten und –soldatinnen. Um nicht immer von Projektmitteln abhängig zu sein, soll noch in diesem Jahr eine Stiftung gegründet werden. EIB

Benefizkonzert mit Romy Camerun und Uli Beckerhoff: Freitag, 27. 2., 19.30 Uhr, Kulturkirche