: Seltsame Gerüchte im Wahlzirkus
Der PDS wird in Brandenburg viel zugetraut. Etwa ein Wahlsieg. Oder die Idee, einen Parteilosen zum Regierungschef zu küren, weil der SPD eine Koalition unter sozialistischer Führung nicht passen kann. Nun ist die PDS verschnupft
Wahlzirkus in Brandenburg. Sieben Wochen dauert es noch bis zur Landtagswahl. Dann entscheidet sich, ob die Koalition aus SPD und CDU weiter regiert und ob Ministerpräsident Matthias Platzeck im Amt bleibt. Und schon jetzt kursieren seltsame Gerüchte.
So war am Wochenende in den Zeitungen zu lesen, SPD und PDS könnten sich auf einen parteilosen Regierungschef einigen. Gestern dann das Dementi der PDS: Landesfraktionschef Lothar Bisky und Landesvorsitzender Ralf Christoffers verkündeten unisono, Spitzenkandidatin Dagmar Enkelman könne im Falle des Wahlsieges auch Ministerpräsidentin werden. „Ich weiß nicht, wer diese Information wieder gestreut hat“, sagt PDS-Sprecherin Alrun Nüßlein. Die Partei stehe hinter ihrer Kandidatin.
In der SPD dagegen vermutet man Taktik. „Das war ein Wahlkampfgag der PDS“, schnaubt SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness. Die Sozialisten hätten versucht, Enkelmann ins Gespräch zu bringen. „Ihr fehlt einfach Format“, sagt Ness. Er könne daher schon verstehen, dass Enkelmann nur als Spitzenkandidatin aufgestellt worden sei und nicht als Anwärterin für das Amt der Ministerpräsidentin. „Es gibt in Brandenburg nur ein Duell“, sagt Ness, „und das heißt Schönbohm gegen Platzeck.“
Harte Worte der Sozialdemokraten, die sich die PDS vor allem mit ihrem populistischen Wahlkampf verdient hat. Die Sozialisten schießen aus allen Rohren gegen Hartz IV. „Da wird pauschal verurteilt“, sagt der SPD-Abgeordnete Werner Siegwart-Schippel. Der innenpolitische Sprecher der Landes-SPD denkt, dass in der SPD inzwischen viele lieber die Koalition mit der ungeliebten CDU von Innenminister Jörg Schönbohm fortsetzen wollen, als mit der PDS zu koalieren. Dabei hat sich die Union mit ihrem großsprecherischen Gehabe in der laufenden Legislaturperiode keine Freunde bei der SPD gemacht. Aber Siegwart-Schippel sagt: „Was von der PDS im Wahlkampf kommt, ist einfach schwer zu ertragen.“
Doch selbst Matthias Platzeck musste zugeben, dass die PDS „mit ihrer Stimmungsmache Erfolg hat“. Auch die Chefs diverser Meinungsforschungsinstitute geben ihr im Osten bis zu 30 Prozent. Allerdings existieren derzeit keine aktuellen Umfragen. Sämtliche Prophezeiungen stützen sich auf das gute Abschneiden der PDS bei der Thüringen-Wahl und die Brandenbuger Ergebnisse bei der Europawahl im Juni. Da bekam die PDS knapp 31 Prozent, die CDU 24 und die SPD 20,5. Rot-Rot wäre also denkbar, bisher macht die SPD aber keine Koalitionsaussage. Sollte sie das tun, bliebe ihr eines erspart: PDS-Sprecher Hendrik Thalheim versprach der taz, „dass Gregor Gysi nicht Ministerpräsident werden will“.
DANIEL SCHULZ