piwik no script img

Archiv-Artikel

„Keine Parteipolitik“

Grüne wollen Bürgerschaftsdebatte zu Mord in der Neustadt – ohne parteipolitische Schuldzuweisungen

Von ede

Bremen taz ■ Die Bremer Grünen wollen den Todesfall neu aufrollen, bei dem eine psychisch Kranke im Juli ihre Nachbarin umgebracht hatte. Die Kranke hatte die Studentin aus Baden-Württemberg in deren Wohnung überfallen und erstochen (taz berichtete). „Eine derart offensichtlich angekündigte Tat“ dürfe in Bremen nie wieder geschehen, begründete der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Matthias Güldner, die Große Anfrage seiner Fraktion an den Senat. Diese wird eine Parlamentsdebatte nach sich ziehen.

Zur Erinnerung: Das spätere Todesopfer Carola S. hatte die Polizei bereits wegen einer vorangegangenen Attacke der aggressiven Nachbarin eingeschaltet. Die Polizei war aber zu der als gewalttätig bekannten Mittvierzigerin nicht gekommen. Auch war der sozialpsychiatrische Dienst nicht alarmiert worden. Später hatte es geheißen, die Dringlichkeit angesichts der anhaltenden psychischen Erkrankung zu handeln, sei der Polizei nicht bekannt gewesen.

Dieses Geschehen müsse im politischen Raum untersucht werden, forderte Güldner. „Es reicht nicht, den betroffenen Behörden die Aufklärung zu überlassen“, reagierte er auf Arbeitstreffen, bei denen behördenübergreifend bereits erste Maßnahmen beschlossen wurden. So soll geprüft werden, ob die Polizei frühere Zwangseinweisungen in die Psychiatrie künftig im Polizeicomputer speichern darf.

Auf Behördenseite gibt es laut Güldner „die Tendenz, Verantwortung von sich zu weisen, weil die Sorge besteht, später als verantwortlich am Pranger zu stehen.“ Seine Absicht sei dagegen, ohne parteipolitische Schuldzuweisung aufzuklären – „um zu verhindern, dass so etwas wieder geschieht.“ Der hinterbliebene Lebenspartner der Getöteten unterstützte dies. Zugleich begrüßte er ein Beleidsschreiben von Bürgermeister Henning Scherf an die Familie. Darin habe Scherf jedoch Fragen gestellt, auf die die Familie noch Antworten suche.

Die Grünen seien bereit, auch über eigene politische Positionen und „heikle Fragen“ neu nachzudenken, betonte Güldner. Dies könne auch die Zwangsgabe von Langzeitmedikamenten betreffen, die die Grünen auf Bundesebene kritisieren. „Es geht um den Schutz von Opfern aber auch von Kranken“, verwies Güldner darauf, dass die Täterin möglicherweise vor einem langen Zwangsaufenthalt in der Psychiatrie stehe, der wie der Todesfall vielleicht hätte verhindert werden können. ede