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Archiv-Artikel

AStA geißelt „soziale Selektion“

Das Thema Studiengebühren bewegt die Gemüter auf dem Kölner Campus. Kategorisch ablehnen würden manche eine Erhebung nicht. Nur sollten die Mittel für die Universität eingesetzt werden

Von Kirsten Pieper

Der Campus der Kölner Universität ist in diesen Tagen keineswegs menschenleer. Trotz Semesterferien und Sommerhitze strömen viele Studierende in die Hörsäle, statt am Badesee zu lümmeln. Der Grund: Wichtige Klausuren stehen an. Und mitten im Prüfungsstress flammt nach der Entscheidung der Karlsruher Richter zur Juniorprofessur bundesweit die Debatte zur Einführung von Studiengebühren auf. „Der gewählte Zeitpunkt ist typisch“, sagt Jana Schultheiss, Bildungspolitikreferentin des AStA Köln. „Zwei Tage vor Weihnachten oder in der Prüfungszeit werden solche Vorschläge lanciert.“

Nadine Rippers, Catja Caspary und Dana Empersmann haben ihre Prüfungsbögen gerade abgegeben. Jetzt tauschen sie in der Eingangshalle der Unibibliothek ihre Ergebnisse aus. Nach einigen Minuten jedoch lassen sie die BWL-Formeln ruhen und schwenken auf das Thema Studiengebühren um, das auch sie bewegt.

Von allgemeinen Studiengebühren halten die drei Kölnerinnen gar nichts. „Das eingesammelte Geld wird am Ende nicht für die Universitäten ausgegeben, auch wenn das bitter nötig ist.“ Die Drei ärgern sich etwa über die Ausstattung der Bibliothek in der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Die sei mehr als bescheiden. Im Vergleich zu Städten wie Leipzig oder Düsseldorf sei die Kölner Universität eine Katastrophe. Dennoch möchte Dana Empersmann Gebühren nicht kategorisch ausschließen: „Sie sind dann gerechtfertigt, wenn sie den Universitäten zugute kommen.“

Ähnlich sieht das die Studentin Laura Korte. „Geld muss an die Unis, um den Wettbewerb untereinander anzukurbeln“, sagt sie, nachdem sie ihre BWL-Klausur abgegeben hat. Dann könnten Studiengebühren durchaus zu einem positiven Effekt führen, meint die 24-Jährige. Die Studierenden in Köln und anderswo in der Republik verstünden nunmal nicht, warum mit ihrem Geld Haushaltsengpässe ausgeglichen werden sollen und „wir mit 600 Mann in einem Hörsaal sitzen. Das ist doch Gemurkse.“

Die BWL-Studierenden haben noch eine Woche Klausurstress vor sich, bis auch sie entspannt in die Semesterferien gehen können. Nach den Ferien könnte sich die Debatte um die Studiengebühren wieder abgekühlt haben. Das ärgert besonders Bildungspolitikreferentin Jana Schultheiss. Der Kölner AStA sei strikt gegen die Einführung der Gebühren und werde dafür kämpfen, dass eine derart „soziale Selektion, die nur die Schwachen trifft“, nicht durchkomme. Für Schultheiss hat die Einführung des „Studienkontenfinanzierungsgesetzes“ –, das auf ein Überschreiten der Regelstudienzeit um vier Semester 650 Euro Gebühr erhebt – eine „Türöffnerfunktion“, um die jetzt diskutierten allgemeinen Studiengebühren einzuführen. Zudem rechnet sie damit, dass es nicht bei einem Betrag von etwa 500 Euro bleibt, wenn erst einmal Geld kassiert werde, „sondern dass die Gebühren nach Laune erhöht werden könnten“.

Während die einen über ihren Klausuraufgaben brüten, können sich im Hauptgebäude der Universität Erstsemester fürs Studium einschreiben. Stephan Voigt, der schon eine Ausbildung zum Industriemechaniker hinter sich hat, ist noch unentschlossen, ob er sich die geplante Universitätsausbildung zum Grundschullehrer in Religion und Sport überhaupt leisten kann. „Ohne reiche Eltern ist das heute kaum noch drin“, sagt der 24 Jahre alte Kölner. Wenn er die Diskussion um Studiengebühren verfolge, werde er noch skeptischer, als er ohenhin schon sei, sagt Voigt. „Wissen ist doch unser Kapital“, hat er die Politiker schon so oft lamentieren hören. Mit dem Gerede könne er nichts anfangen. Er selbst müsse nebenher Geld verdienen, da er von seinen Eltern nicht unterstützt werde. Und dass er seinen Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit mache, schließt Voigt schon aus, bevor er sich überhaupt immatrikuliert hat.