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Archiv-Artikel

Lafontaine in alter Kleidung

SPD ist empört über Oskar Lafontaines Drohung, neue Linkspartei zu unterstützen. Und über seine Forderung nach einem Rücktritt des Kanzlers. Abgeordneter: Lafontaines Abgang wäre toll

BERLIN taz ■ Oskar Lafontaine hat mit seiner Forderung nach dem Rücktritt des Kanzlers die Partei gegen sich aufgebracht. „Sein Verhalten ist eitel und unsolidarisch“, urteilte Parteichef Franz Müntefering. Fraktionsvize Michael Müller, Sprecher der Parteilinken, sagte der taz: „In diesen schwierigen Zeiten sollte Lafontaine nicht solchen Unsinn machen.“

Im Spiegel-Interview hatte Lafontaine den Sturz des Kanzlers gefordert. „Mit Schröder geht es nicht mehr“, diktierte Lafontaine. Sollte der Kanzler seine Politik bis zur Bundestagswahl 2006 fortsetzen können, werde er die geplante neue Linkspartei unterstützen. „Wie die SPD an der Saar und in anderen Bundesländern dabei Wahlkampf machen soll, interessiert ihn nicht“, tobte Müntefering. Wer sich verhalte wie Lafontaine, habe den Anspruch verwirkt, für die Sozialdemokratie zu sprechen.

Empört reagierten auch die Linken in der SPD. Neben Michael Müller stellten sich der Juso-Vorsitzende Björn Böhning und Andrea Nahles, Mitglied des Parteipräsidiums, gegen Lafontaine. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, Lafontaine drehe „an der Schraube der Konfrontation und nimmt damit eine verhängnisvolle Zersplitterung der politischen Linken in Kauf“.

Jörg Tauss, Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands, forderte Lafontaine sogar auf, die SPD zu verlassen. Wenn Lafontaine wirklich ginge, wäre das „ein großer Dienst“ an der Partei.

„Wir würden uns freuen, wenn er kommt“, sagt Klaus Ernst, Sprecher der Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG). Allerdings sind die meisten Mitglieder der Wahlalternative vorsichtig, denn Lafontaine hat einen Wechsel nicht fest zugesagt. Vielmehr spricht er im Interview darüber, zunächst einmal in der SPD gegen den derzeitigen Kurs kämpfen zu wollen. Auch auf Parteitagen wolle er wieder reden, wenn ihm dies „opportun erscheint“. Einen Parteiausschluss hat Lafontaine zunächst nicht zu befürchten. Zwar droht diese Strafe laut SPD-Statut bei „Tätigkeit, Kandidatur oder Unterschriftenleistung für eine andere politische Partei“. Aus der Berliner SPD-Zentrale hieß es jedoch, Lafontaine sei „noch nicht wirklich für eine andere Partei tätig geworden“. DANIEL SCHULZ

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