Zollverein will nicht auf Liechtenstein warten

Die Finanzierung des geplanten Vier-Sterne-Hotels in den Kühltürmen der Essener Kokerei Zollverein ist unsicher. Die Entwicklungsgesellschaft des Weltkulturerbes setzt den Projektleiter unter Zeitdruck und sucht bereits Alternativen

ESSEN taz ■ Michael Kuhlmann läuft die Zeit davon. Der Vorstandschef der deutschen Siedlungswerk AG und Projektentwickler des geplanten Vier-Sterne-Luxushotels auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei Zollverein muss bis zum Monatsende ein fertiges Finanzierungskonzept für das 110-Millionen-Euro-Projekt liefern, fordert die Entwicklungsgesellschaft Zollverein (EGZ). Doch die Verhandlungen mit dem potenziellen Investor stocken.

„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt muss Herr Kuhlmann nachlegen“, sagt EGZ-Geschäftsführer Wolfgang Roters. Das Zollvereingelände brauche dringend Hotelplätze, sowohl hochklassige als auch low-budget-Angebote für Studenten – und das bis zum Sommer 2006. Dann soll auf dem Gelände des Weltkulturerbes die Design-Weltausstellung „Entry“ stattfinden. „Bis dahin muss etwas kommen. Wir führen auch Gespräche außerhalb der Linie Kuhlmann“, droht Roters. Auch EGZ-Aufsichtsratsmitglied Merdat Mostofizadeh will nicht länger auf Kuhlmann warten, zumal sich die Realisierung von dessen Projekt sich seit Jahren verzögert. „Es muss kurzfristig gehandelt werden, wir werden da sehr stark aufs Tempo drücken, sagt Mostofizadeh.

Kuhlmann wartet bislang vergeblich auf die verbindliche Zusage eines Investors. Ein Konglomerat aus einer liechtensteinischen Treuhandfirma und dem Schweizer Finanzhaus „Swiss Invest“ soll die 110 Millionen Euro bereit stellen. Doch scheinbar ziert man sich, für eine Stellungnahme waren die Schweizer nicht zu erreichen. „Wir kommen im Moment nicht weiter. Es ist halt ein hochkomplexes Projekt“, beschreibt Kuhlmann den Stand der Verhandlungen. Allerdings dementiert er, dass die Gespräche bereits geplatzt seien: „Es ist nicht so, dass der Investor nicht mehr da ist“, sagt er. Dennoch: Bis Januar 2005 muss mit den Bauarbeiten begonnen werden, räumt Kuhlmann ein. Deshalb suche er bereits nach Ersatzpartnern. Er werde versuchen, „alte Kontakte“ wieder aufzunehmen, konkrete Namen könne er aber nicht nennen, sagt er.

Möglicherweise, so heißt es, könne statt des noblen Vier-Sterne-Hotels ein kleineres Drei-Sterne-Hotel gebaut werden – auch wenn das Kuhlmann nicht schmeckt. „Das passt nicht in das hoch attraktive Gesamtkonzept“, sagt er. Schließlich sollen neben dem Hotel nicht weniger als eine Wellness-Badelandschaft, mondäne Parkanlagen, ein Oldtimer-Zentrum, Büros und eine Kapelle als „Treffpunkt der fünf Weltreligionen“ entstehen. Doch die Vision droht zu zerbröseln, die ersten Partner drohen bereits abzuspringen: Der Chef des Berliner Oldtimer-Zentrums „Meilenwerk“, das im Jahr 2003 in der Hauptstadt immerhin 400.000 Besucher gezogen hat, prüft Zeitungsberichten zufolge bereits andere Standorte im Ruhrgebiet. Doch Michael Kuhlmann verteidigt seine Vision aller Rückschläge zum Trotz: „Alle Einzelprojekte sind rund. Von dem Gesamtkonzept rücken wir nicht ab“, sagt er.

Ein Scheitern der Kuhlmann-Vision wäre nicht nur ein Rückschlag für die Gesamtentwicklung des Zollverein-Geländes. „Das ist die erste wirklich große Privatinvestition hier“, sagt EGZ-Aufsichtsratsmitglied Mostofizadeh. „Es wäre schade, wenn das nicht klappt.“ Der Imageschaden würde auch die Stadt Essen treffen. Denn dort ist die Zollverein-Entwicklung Chefsache: Nach Angaben eines Stadtsprechers sind lediglich Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger (CDU) und Baudezernent Hans-Jürgen Best befugt, sich zu dem Thema zu äußern. Die beiden befinden sich zur Zeit in Urlaub.KLAUS JANSEN