: Wahlkampf im Schatten der Forensik
Der Bau der Forensik in Herne leidet unter den anstehenden Kommunalwahlen. Die CDU versucht dabei, die innere Zerrissenheit der SPD auszunutzen. Auch nach der Kommunalwahl wird das Taktieren weiter gehen
HERNE taz ■ Der geplante Neubau einer forensischen Klinik für psychisch kranke Straftäter in Herne wird von der Kommunalwahl am 26. September überschattet. Die Ortsverbände CDU und SPD sprechen sich nach wie vor gegen den Standort im Ortsteil Bickern aus und versuchen das Thema Forensik im Wahlkampf zu verdrängen. „Die Parteien werden von ihrer Linie kaum abweichen“, glaubt Klaus Marquardt vom Arbeitskreis Forensik. Müssen sie vorerst auch nicht. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen will über eine Klage der SPD regierten Stadt Herne (mit den Fraktionen von SPD, CDU und Grüne) gegen den Forensikstandort im November entscheiden. Der ursprüngliche Entscheid war bereits für April 2004 angekündigt.
Das Zögern des Verwaltungsgerichts kommt auch der CDU-Fraktion im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) entgegen. Der LWL als späterer Träger der Forensik in Herne wollte für die Klinik einen Planungbeirat einrichten, um Bürgern, Verbänden und Parteien ein Forum zu ermöglichen. Die CDU-Mehrheit im LWL sprach sich auf der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses allerdings für eine Vertagung der Beiratsgründung aus. „Rechtliche Bedenken“ dienten als Begründung, man wolle erst den Entscheid des Gerichts abwarten. Eine Begründung, die beim Arbeitskreisvorsitzenden Klaus Marquardt auf Unverständnis stößt. „Bei einem Gespräch zwischen der CDU und dem Arbeitskreis gab es eigentlich keine Differenzen“, sagt Marquardt, er vermutet in erster Linie wahltaktische Gründe.
Auch die Geschäftsführerin der SPD-Fraktion im LWL, Elisabeth Feldhues befürchtet, dass die CDU das Thema „über den Wahlkampf hinaus schieben“ wolle. Die SPD im LWL habe dem Planungsbeirat trotz der Bedenken der Herner Genossen zugestimmt. „Wir müssen Akzeptanz schaffen“, sagt Feldhues, „und dürfen mit der Berufung des Beirats nicht bis zum Gerichtsurteil warten“, das Verwaltungsgericht sei ja auch nicht die letzte Instanz. Außerdem gingen die Planungen des zuständigen Ministeriums für Gesundheit weiter.
Hier liegt ein weiteres Problem. Mit der Kommunalwahl dürfte das Taktieren der Parteien nicht beendet sein. Im Vorfeld der Landtagswahl 2005 wird das Thema Forensik eine ähnlich große Rolle spielen. NRW-Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) tritt im Wahlkreis 109 (Bochum III / Herne II) an. Ein Teil ihrer Stimmen muss sie auch im Ortsteil Wanne-Eickel holen. Und wie heftig das Thema Forensik wirkt, musste die Ministerin bei der Kandidatenaufstellung in ihrem Wahlkreis feststellen. Fischer setzte sich mit 30 zu 29 Stimmen gegen Herausforderer Serdar Yüksel durch. Die Delegierten aus Herne verweigerten der Ministerin die Stimme. Die Herner Landtagsabgeordnete Gabriele Gorcitza (SPD) tritt wegen des Streits mit den Genossen vor Ort erst gar nicht mehr zur Landtagswahl an.
Die Christdemokraten dürften die inneren Probleme der SPD mitbekommen haben. „Zu hoffen, dass das Thema nach Kommunalwahl und Gerichtsurteil im November, also sechs Monate vor der Landtagswahl, keine Rolle mehr spielt, wäre naiv“, sagt Klaus Marquardt. Sicher scheint auch, dass sich bei der nächsten Ausschuss-Sitzung im LWL nicht viel ändern wird. Termin ist der 15. September. Zehn Tage vor der Kommunalwahl.
HOLGER PAULER