: Mehr als ein Vorprogramm
Schon heute beginnen zwei Tage vor der Eröffnungsfeier die olympischen Fußball-Wettbewerbe.Die deutschen Weltmeisterinnen treffen in ihrem ersten Gruppenspiel auf den Mitfavoriten China
VON RAINER HENNIES
Frauenfußball bei Olympia – da tickt die Zeit noch anders. Zwei Tage vor der offiziellen Eröffnung müssen die Spielerinnen bereits ran. Weltmeister Deutschland trifft heute (17 Uhr/ARD) im Pampelopponisiako-Stadion von Patras auf Asiens Rekordmeister China. Wie in Atlanta und Sydney werden die Fußballerinnen auch 2004 das wirkliche Olympiastadion nicht kennen lernen. Gleichwohl findet das Finale an historischer Stätte statt, der alten, kürzlich renovierten Radrennbahn der Spiele von 1896 namens Karaiskaki-Stadion, in der seit Ewigkeiten Olympiakos Piräus kickt.
Gern an den Rand gedrückt, gehört der Fußball, beim Frauenturnier von acht auf zehn Teams aufgestockt, dennoch zu den zuschauerträchtigsten Disziplinen bei Olympia. Auch der etwas merkwürdige Modus, wonach die Viertelfinalisten in zwei Dreier- und einer Vierer-Gruppe ermittelt werden, wird daran wohl nichts ändern. In den USA hat das Turnier sogar einen höheren Stellenwert als die WM. Erstens, weil bei Olympia nur zehn Teams, bei der WM aber 16 spielen. Zweitens, weil Deutschland die USA im letzten Herbst als Weltmeister abgelöst hat und die US-Frauen nach ihrem Atlanta-Gold schon in Sydney mit Silber patzten. Jetzt sinnen sie auf Revanche.
Doch auch die DFB-Auswahl von Trainerin Tina Theune-Meyer will in Athen mächtig mitmischen. „Jeder will Gold bei Olympia“, fasst Birgit Prinz die Ansprüche zusammen. Theune-Meyer mahnt dagegen zur Zurückhaltung. „Die Chinesinnen sind ein harter Brocken und in bestechender Form. Wir müssen unser Potenzial voll ausschöpfen, dann ist für uns etwas drin“, sagt sie.
Sie tut sich schwer, ihr Team als heißen Favoriten auszugeben. Gleichwohl sagt sie: „Alle Spielerinnen sind topfit und gut drauf. Das ist Voraussetzung für eine Medaille.“ Das Team jedenfalls ist am Sonntagfrüh bester Dinge Richtung Patras aufgebrochen. „Die Hitze in den letzten Tagen kam uns sehr gelegen. Das hat alles gepasst wie bestellt“, meint die Trainerin. Allerdings verlangen die extremen Temperaturen in der 220 Kilometer von Athen entfernten Hafenstadt Patras besondere Maßnahmen. So streifen die Spielerinnen beim Aufwärmen und in der Halbzeitpause eine 800 Gramm leichte Kühlweste über, deren Wirkung „eine halbe Stunde reicht“, wie Mannschaftsarzt Bernd Lasarzewski stolz berichtet.
Weniger Abwehrchancen hat man man zum Bedauern der Trainerin gegen den Turnierplan, der für einigen Unmut im deutschen Lager sorgt. „Man muss einen Tag nach dem Spiel das Quartier räumen und zum nächsten Spielort fahren. Da sind wir im Nachteil. Die USA und Schweden müssen weniger reisen.“ Das sind ausgerechnet die beiden schärfsten Konkurrenten. „Wenn man ständig Koffer packen muss und für ein paar Stunden unterwegs ist, spüren die Knochen das“, schimpft die Trainerin.
Alles andere haben sie beim DFB in den Wochen der Vorbereitung geübt, besonders den Wettkampfrhythmus. Testspiele abends, Olympiawettkampf abends. Dort geht es heute gegen China, gegen Außenseiter Mexiko dann am 17. August in Athen. Als Gruppensieger wären im Viertelfinale in Patras wohl Japan oder Nigeria die nächsten Gegner, ehe in Heraklion beim Halbfinale die Medaillen vorentschieden werden. „China habe ich per Video bei der 1:3-Generalprobe in den USA gesehen. Die sind immer stark“, sagt Tina Theune-Meyer über die Chinesinnen, gegen die im Februar in Fürth 0:1 verloren wurde. „Mexiko habe ich in den USA im Mai gesehen, Japan per Video im Frühjahr in den USA, gegen Nigeria haben wir gerade gewonnen.“
Ein DFB-Auftaktsieg könnte auch motivierend wirken für das Olympiateam. „Es wäre positiv, wenn wir mit einem Erfolg ein Signal für die gesamte deutsche Olympiamannschaft setzen könnten“, meint Torjägerin Birgit Prinz, „aber diese Erwartung bedeutet auch mehr Druck für uns.“ Theune-Meyer ist so etwas egal. „Was drumherum geschieht, wird uns nicht beeinflussen. Ist es positiv, umso besser.“ Seit letztem Jahr sind die Fußballfrauen es gewohnt, nicht mehr irgendwo am Rand zu stehen.