: Die marke Lafontaine
Was ist nur mit Oskar los? (II): Lafontaine ist kein politiker, sondern unternehmer in eigener sache
Nach dem rücktritt als bundesfinanzminister und SPD-chef 1999 ist es Oskar Lafontaine gelungen, sich selbst als marke zu erschaffen. Diese heißt „Lafontaine“. Ihre eigenschaften sind unberechenbarkeit, authentizität und soziale wärme. Die produkte, die unter dieser marke verkauft werden, sind bücher, vorträge und talkshow-auftritte. Lafontaine ist kein politiker, sondern selbstständiger unternehmer.
Lafontaines aktuelle forderung, der bundeskanzler möge doch bitte zurücktreten, entspringt der marktwirtschaftlichen logik. Denn seit Oskars abtritt als aktiver politiker hat sich seine ökonomische basis verändert. Nicht mehr als minister, parteifunktionär und abgeordneter verdient er sein geld, sondern als publizist und kommentator. Als solcher muss er sich den regeln der branche unterordnen, die unter anderem lauten: steigere deinen markenwert, wenn du mehr geld verdienen willst.
Das möchte Lafontaine garantiert. Schon das manuskript seines buches „Das herz schlägt links“ hat er meistbietend versteigert. Er war schon immer einer der wenigen prominenten, die sich von talkshows zu absolut jedem thema einladen ließen – wenn das honorar stimmt.
Um als meinungsunternehmer geld zu verdienen, ist es ratsam, ab und zu mit botschaften in erscheinung treten. Eine lauwarme brühe zu servieren, reicht dabei nicht aus. Es sollte ein knaller sein. Wie der, den rücktritt des kanzlers zu verlangen.
Der botschaft selbst kommt dabei nur eine sekundäre bedeutung zu. Wichtig ist nur die provokation. Der italienische bekleidungshersteller bennetton verwendete dasselbe verfahren, als er bilder von aidskranken plakatierte, um hemden zu verkaufen.
Vor diesem hintergrund erscheint es unwahrscheinlich, dass der vortragsreisende in eigener sache noch einmal eine karriere als aktiver politiker anstrebt. Denn persönliche verantwortung für das, was er sagt, würde sofort dazu führen, seinen markenwert zu beschädigen. Lafontaines kritik am bestehenden ist zu grundsätzlich, als dass sie sich innerhalb des engen rahmens der verhältnisse realisieren ließe. Die „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ und auch die PDS können sich entspannen. Sie werden ihn nicht bekommen. Ebenso wenig wie die SPD über einen rauswurf diskutieren müsste. Derartige hoffnungen und strafen können politiker treffen, nicht aber unternehmer. Denen muss man anders beikommen – durch konkurrenz um den markt und die marke.
HANNES KOCH