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Archiv-Artikel

Mit dem Kajak aufs offene Meer

Paddeln auf der Ostsee klingt abenteuerlich, ist aber familientauglich – unter der richtigen Anleitung. Rügens Naturschutzgebiete zeigen sich vom Wasser aus von ihrer unbekannten Seite. Und am Strand von Binz können richtige Jungs den entschlossenen Entdecker heraushängen lassen

von LARS KLAASSEN

Paddeln: Das klingt ja erst mal nicht so spektakulär, sondern nach Kuschelurlaub für Naturliebhaber. Aber Paddeln auf der Ostsee: Das klingt schon besser, was für richtige Jungs – also für mich! Deshalb geht es zu „Seekajakreisen“ in Gager auf Rügen. Dumm nur, dass ich bisher noch nicht mal auf einem winzigen Badesee paddeln war. Erst mal die Hosen runterlassen: „Ich hab wirklich absolut keine Erfahrungen mit so was, fangen wir lieber ganz von vorne und ganz langsam an.“

Zum Glück ist Thomas Trojan nicht der Typ, der es lediglich auf harte Kerle und Extremsportler abgesehen hat: „Wenn wir die Bodden, die Küste von Rügen oder die Ostsee befahren, geht’s nicht um vordergründige Aktion.“ Das „Erlebnis Wasser“ steht auf dem Programm. Also: unberührte Strände, die nur vom Wasser aus erreichbar sind, Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen, bizarre Gesteinsformationen, Wildnis, wo keiner sie vermutet und die vielfältigen Gesichter der See bei Sonne, Wind und Wetter.

Das klingt nach Abenteuer, ist aber maßgeschneidert: Die Schulung ist modular aufgebaut. So kann jeder mit unterschiedlichen Fähig- und Fertigkeiten den notwendigen sicheren Umgang mit dem Kajak erlernen, entsprechend den Sicherheitsanforderungen wie etwa beim Befahren offener Gewässer. Von der kleinen Schnuppertour bis zu mehrtägigen Reisen ist für jede Façon etwas im Angebot. Wie hätten sie’s denn gern?

Ich entscheide mich für die Schnuppertour. Erst mal geht es mit dem Bus – die Kajaks auf dem Dach – nach Binz. Kurz vor der Strandpromenade wird’s mir doch noch mal flau im Magen. Aber es gibt kein Zurück mehr.

Am Strand werde ich zunächst in die Geheimnisse des Seekajakreisens eingeführt. Die Schwimmweste ist schnell angezogen. Die Steueranlage, die mit den Füßen betätigt wird, macht auch keine Schwierigkeiten. Dann kommt die Spritzdecke. Sie liegt am Körper an und ist am Boot befestigt. Wichtig: Sie muss so angebracht werden, dass die Lasche herauslugt, damit man sie beim Kentern schnell entfernen kann – Abenteuer! Zum Glück sehen die schaulustigen Badegäste am Strand mir nicht an, dass mir mulmig ist.

Als es dann losgeht, wird alles gut: tut gar nicht weh, ist gar nicht so schlimm. Selbst das Einsteigen ins Kajak ist trotz der Wellen zu bewältigen. Und danach kommt die volle Entspannung. Was Anfangs nach großen Entfernungen aussieht, ist schnell zurückgelegt. Der Blick vom Wasser auf die Küste ist neu und einzigartig. Bei Sonnenschein und einer angenehmen Brise werden die Badenden vor Binz immer kleiner. Zur See hin lassen sich in einiger Entfernung Schiffe beobachten. Kaum eine halbe Stunde später ist Binz weit weg. Wir nähern uns einer bewaldeten Landzunge – Wasserplätschern und sonst nichts.

Ökologische Verträglichkeit ist ein zentraler Bestandteil der Touren. Trojan bringt Einwohnern und Besuchern die Landschaft und die Konzeptionen der Großschutzgebiete – Biosphärenreservat Südostrügen, Nationalpark Jasmund, geplanter Naturpark Rügen – sowie der „Modellregion Rügen“ auf naturverträgliche, ressourcenschonende Weise in Form von „Thematischen Exkursionen“ zu Wasser und zu Land nahe.

Die meisten Touren führen durch nationale oder internationale Schutzgebiete. Deren Bewahrung steht dabei im Vordergrund. Mit den Booten können Flachwasserreviere befahren werden, die anderen Wasserfahrzeugen verwehrt bleiben und von Land aus nicht erreichbar sind. Natürliche Lebensräume können besucht werden, ohne in den funktionierenden Naturhaushalt einzugreifen.

In Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung Rügen werden Touren unter speziellen thematischen Gesichtspunkten (wie Vogelbeobachtung oder Küstenprozesse) rund um die Insel Rügen durchgeführt. Teil dieses Konzepts ist es auch, dass die Touren ausschließlich in Kleinstgruppen angeboten werden. Ein Tourenleiter betreut maximal acht Teilnehmer – auch aus Sicherheitsgründen.

Abenteuerlich sind beim Seekajakreisen die Natureindrücke – die ganz gemächlich erfahren werden. Nicht mal Muskelkater hatte das bislang unbekannte Paddeln zur Folge. Das wird natürlich zu Hause auch lang und breit erzählt. Man bewährt sich ja nicht alle Tage auf einem richtigen Jungsurlaub: Ganz cool und (fast) ganz allein mit einem kleinen Kajak in wilder Natur und auf dem großen Meer!

www.seekajakreisen.de