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Archiv-Artikel

Die taz schwimmt gegen den Trend

Auflagensteigerung, schwarze Zahlen im ersten Halbjahr 2003, Vorbereitungen auf den Geburtstag: Ein Lagebericht

von KARL-HEINZ RUCH

Am 27. September findet in Berlin die Generalversammlung der taz-Genossenschaft statt. Die dort versammelten GenossInnen sollen nicht nur auf das nahende 25-jährige Jubiläum der taz eingestimmt werden. Wie jedes Jahr stehen Rechenschaft über das abgelaufene Geschäftsjahr und Perspektiven für die Zukunft der taz auf der Tagesordnung. Was werden die Genossen dieses Jahr zu hören bekommen?

1. Die taz entwickelt sich gegen den Trend.

Die Finanzen: Mit einem Jahresverlust 2002 von 200.000 Euro für die gesamte taz-Gruppe wurde das Unternehmensergebnis im dritten Jahr in Folge deutlich verbessert. Trotz des weiter sehr schwierigen Marktumfeldes konnte der Umsatz um 1,4 Prozent auf 19,3 Millionen Euro gesteigert werden. Die Vermögenslage der taz hat sich leicht verbessert. Dem Eigenkapital der Gruppe in Höhe von 5,4 Millionen Euro steht zum 31. Dezember 2002 ein Bilanzverlust in Höhe von 5,3 Millionen Euro gegenüber. Erstmals seit Jahren wird damit wieder ein positives Eigenkapital in Höhe von 58.000 Euro ausgewiesen. Zur Verbesserung der Vermögenslage beigetragen haben die weiteren Zeichnungen von Genossenschaftsanteilen. Zum 1. Januar 2003 hatte die taz-Genossenschaft 5.514 Mitglieder – 381 GenossInnen sind 2002 eingetreten. Die Geschäftsguthaben der Genossen haben sich im Jahr 2002 um 301.261 Euro auf 5.390.149 Euro erhöht. Entgegen dem Branchentrend schreibt die taz im ersten Halbjahr 2003 sogar schwarze Zahlen.

Die Auflage: Die Auflage der taz konnte im Jahr 2002 weit gehend auf dem hohen Niveau des Jahres 2001 gehalten werden. Im zweiten Quartal 2003 wurde endlich die Schallgrenze der 50.000 bezahlten Abonnements überschritten (50.560 im zweiten Quartal 2003). Die gesamte verkaufte Auflage liegt mit 61.227 im ersten Halbjahr über dem guten Niveau des Vorjahrs. Durch die günstige Auflagenentwicklung konnten weitere Einbrüche im Anzeigengeschäft, von dem die gesamte Branche betroffen ist, ausgeglichen werden.

2. Die Vorbereitungen für den taz-Geburtstag laufen. Die taz feiert das 25. Jubiläum vom 27. September 2003 (erste Nullnummer vor 25 Jahren) bis zum 17. April 2004 (erste tägliche Ausgabe). Am 27. September, dem Tag der Genossenschaftsversammlung in Berlin, wird eine besondere taz-Jubiläumsausgabe erscheinen.

3. Die taz sucht neue Gründer. Die größte Aufgabe in diesem Herbst haben wir uns mit der Ingangsetzung der taz-Entwicklungs KG gestellt. Innerhalb von vier Jahren sollen 5 Millionen Euro Kommanditkapital gezeichnet werden. Damit die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb aufnehmen kann, müssen laut Gesellschaftsvertrag bis zum 31. Dezember 2003 eine Million Euro gezeichnet und gezahlt sein. Dieses Etappenziel wollen wir aber schon bis zum 31. Oktober erreichen. Damit das klappt, finden Sie nicht nur heute in der taz vier Seiten zur taz Entwicklungs KG. In anderen Medien (u. a. Spiegel, Zeit) nutzen wir unser Werbevolumen in diesem Herbst für diesen Zweck.

4. Die taz setzt weiter auf Regionalisierung. Nachdem die großen überregionalen Tageszeitungen aus ihren Regionalisierungsvorhaben in Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen ausgestiegen sind, ist die taz hier wieder vorn. Die Berlin-Ausgabe wurde vor zwei Jahren um einen täglichen ausführlichen Programm- und Serviceteil erweitert. Um das von den anderen überregionalen Tageszeitungen aufgegebene Terrain zu besetzen und neue Leser zu gewinnen, wurde für drei Wochen im Mai, anschließend an den ökumenischen Kirchentag, die taz an Berliner Kiosken zum halben Preis verkauft. Im Durchschnitt führte das zu 60 Prozent Mehrverkäufen, was wir so ermutigend fanden, dass wir diese Aktion zur Zeit in Hamburg und Bremen durchführen. Die beiden norddeutschen Lokalausgaben erscheinen seit Juli mit zwei gemeinsamen Seiten für den ganzen Norden. Das lokale Angebot in Bremen und Hamburg wird dabei erhalten, wenn auch in geringerem Umfang. Vor allem werden bestehende redaktionelle Kapazitäten einem größeren Leserkreis zugute kommen in der Erwartung, dass neue Leser durch das taz-Nord-Angebot gewonnen werden können. Ihre Bewährungsprobe wird die Regionalisierung der taz in Nordrhein-Westfalen erfahren. Wenn das Kapital für die taz Entwicklungs KG zusammen kommt, soll die NRW-taz noch in diesem Jahr täglich erscheinen. In fünf Jahren sollen in dem größten Bundesland 5.000 zusätzliche taz-Abonnenten gewonnen werden.

5. Die taz will die 50.000-Abonnenten-Linie dauerhaft überschreiten. In den nächsten Wochen wird in einer großen Abokampagne in vielen Medien die taz für zwei Wochen kostenlos zum Probelesen angeboten. Es ist keineswegs so, dass wir etwas zu verschenken haben. Das letzte Mal gab es kostenlose Probeabos bei der taz im Jahr 1996. Aber wir wollen die Chance, neue taz-Abonnenten rund um unser Jubiläum zu gewinnen, nicht ungenutzt verstreichen lassen.

Karl-Heinz Ruch, 49, ist Gründungsmitglied der taz und von Beginn an Geschäftsführer