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Offene Märkte auch wieder abschließbar

Tagung: Globalisierungskritiker lehnen geplantes Investitionsabkommen auf der WTO-Konferenz in Cancún ab

BERLIN taz ■ „Lieber keine Entscheidung in Cancún als eine schlechte, welche die ungerechten internationalen Verhältnisse zementiert“, sagt Marita Wiggerthale von Germanwatch – und erntet den Applaus von etwa 500 Menschen. Vor der Ministerrunde der Welthandelsorganisation (WTO) im mexikanischen Cancún tagten am Wochenende in Berlin Globalisierungskritiker, Umweltschützer und Gewerkschafter unter dem Titel „Fatal global?!“. Auf Podiumsdiskussionen, die bis in die Nacht dauerten, griffen Vertreter von Nichtregierungsorganisationen die Pläne der WTO zur Liberalisierung der Wirtschaft heftig an.

Auf der am Mittwoch beginnenden WTO-Tagung wollen die Minister unter anderem ein internationales Investitionsabkommen auf den Weg bringen. Im Kern geht es darum, dass Investoren einen leichten Zugang zu den Märkten des Südens erlangen und dort ihre Eigentumsrechte besser schützen können. „Das Investitionsabkommen ist in Wirklichkeit ein Investorenschutzabkommen“, kritisierte Peter Wahl von der Entwicklungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (Weed). Es würde Entwicklungsländer von sozialen und ökologischen Auflagen für die Unternehmen abhalten. BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt fügte hinzu: Die WTO hätte bisher bei Missachtung der Auflagen durch Konzerne mehrheitlich zu Gunsten der Wirtschaft entschieden. 68 kleine Staaten würden ein solches Abkommen deshalb ablehnen. Nur die UNO könnte Handelsabkommen gerecht in die Tat umsetzen.

„Wir brauchen einen Erfolg in Cancún“, beschwor dagegen Alfred Tacke, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, die Teilnehmer. Der Abbau von Agrarsubventionen in den Industrieländern sei für Afrika eine Entwicklungsperspektive. Die rund 360 Milliarden Dollar Subventionen seien die „größte Barriere“. Der Abbau sei aber nur in der WTO-Runde diskutierbar, wo die sonst ausgegrenzten Länder eine Öffentlichkeit hätten.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske, forderte von der WTO-Tagung sozial gerechte Lösungen. Bereits vereinbarte Schritte zur Öffnung der Märkte, beispielsweise bei der Versorgung mit Trinkwasser, müssten wieder rückgängig zu machen sein, wenn diese nur zu Lasten der Menschen gingen.

ADALBERT SINIAWSKI

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