: Die im Rauch hängen
Balkonrechte: Ohne andere zu belästigen, kann der Mieter den Balkon nutzen, wie er will, wann er will und solange er will. Aber: Cannabisanbau führt zur fristlosen Kündigung. Und Grillfeste machen meist nur denen Spaß, die selbst mit dabei sind
VON ANDREAS LOHSE
Der Balkon ist nicht nur das Urlaubsrefugium der Daheimgebliebenen. Das dortige Frühstück, den abendlichen Plausch beim Wein will niemand missen, der je über einen Balkon verfügte. Andere verbringen gar ihre Nächte lieber dort, statt im stickig-heißen Schlafzimmer. All dies ist möglich: Ohne andere zu belästigen, kann der Mieter den Balkon nutzen, wie er will, wann er will und solange er will. Er ist mitgemietet.
Die Bepflanzung steht dem Mieter weitestgehend frei – auf Cannabis sollte man allerdings verzichten. Das kann zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter führen, entschied das Landgericht Ravensburg (Az.: 4 S 127/01).
Beeinträchtigt das Grün jedoch einen anderen Mieter, kann der Vermieter aufgefordert werden, seinerseits zu verlangen, die Pflanzen zu stutzen, falls die Bewohner sich nicht gütlich einigen. In einem Fall war wuchernder Knöterich Anlass für das Gericht, den Streit in diesem Sinne zu schlichten. Das Gewächs störte den Nachbarn, auf dessen Terrasse Blüten und Blätter fielen (Landgericht Berlin, Az.: 67 S 127/02).
Den Blicken neugieriger Nachbarn entzieht man sich gern mit einem einfachen Sichtschutz. Ist er problemlos zu entfernen, darf er verwendet werden. Vertraglich nicht gedeckt ist hingegen, wenn ein Sichtschutz wie ein Vorhang an fest montierten Schienen aufgehängt wird, der den Balkon umgibt, und ihn gleichsam zu einem abgeschlossen Raum macht, sagt das Amtsgericht Münster (Az.: 48 C 2357/01).
Eine Markise gar bedarf der Erlaubnis des Vermieters: Um sie anzubringen, wird in die Bausubstanz eingegriffen, dafür ist die Zustimmung des Besitzers erforderlich.
Will der Hausbesitzer etwa das Wäschetrocknen verbieten, hat er keine guten Karten – selbst dann nicht, wenn die Hausordnung besagt, das Wäschetrocknen in der Wohnung sei verboten. Eine etwaige ästhetische Beeinträchtigung ist hinzunehmen, so das Amtsgericht Brühl (Az.: 21 C 256/00).
Des einen Lebensart ist des anderen Alptraum – deshalb ist Streitfrage Nummer eins alle Jahre wieder: Wie viel Grillen ist erlaubt? Grillfeste machen meist nur denen Spaß, die dabei sind.
Das Landgericht Stuttgart entschied – allerdings in einem Streit unter Wohnungseigentümern –, dass Nachbarn einiges hinzunehmen haben: Grillen stelle „in einer multikulturellen Freizeitgesellschaft, die von einer zunehmenden Rückbesinnung auf die Natur geprägt ist, eine übliche und im Sommer gebräuchliche Art der Zubereitung von Speisen jeglicher Art“ dar. Eine Grilldauer von „rund sechs Stunden pro Jahr“ ist als eine „geringfügige Beeinträchtigung“ hinzunehmen (Az.: 10 T 359/96).
Für Mieter ist die Rechtslage nicht ganz so eindeutig, wenngleich vorgenanntes Urteil oft auf die Mietwohnung übertragen wird. Wer gegen die Mitmieter vor den Kadi zieht und eine „wesentliche Beeinträchtigung“ durch Bratengestank geltend machen will, sollte sich des nicht unbedeutenden Risikos bewusst sein, dass die Richter diese Meinung nicht teilen. Ein Urteil des Düsseldorfer Landgerichts besagt, dass „eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung“ erst dann vorliege, wenn man Türen und Fenster verriegeln müsse, um das Eindringen von Rauch und Gerüchen zu verhindern (Az.: 25 T 435/90).
Das AG Bonn entschied, zwischen April und September dürften Mieter in Mehrfamilienhäusern einmal monatlich ihrer Lust auf Grillwurst auf Balkonen und Terrassen frönen, sofern dies nicht mietvertraglich untersagt wird und die anderen Mieter, deren „Belästigung durch Rauchgase unvermeidlich ist, 48 Stunden vorher darüber informiert werden“ (Az.: 4 C 545/96).
Das Landgericht Stuttgart beschränkte das Grillen auf lediglich drei Termine pro Jahr (Az.: 10 C 359/96).
Gute Stimmung hin oder her: Ab 22 Uhr ist Schluss mit lustig. Wer sich von den laut- und geruchsstarken Vergnügungen der Nachbarn gestört fühlt, sollte aber auf Selbstjustiz tunlichst verzichten: Etwaige Wasserbomben auf das Nackensteak kann als verbotene Eigenmacht strafbar sein. So wurde in München ein genervter Nachbar wegen Sachbeschädigung zu 750 Euro Strafe verurteilt, weil er einen Grillabend mit einem Eimer Wasser jäh beendete.