: Stauvergnügen mit Harry Schotter
Ab Montag ist Friedrichshain vom U-Bahn-Netz abgeschnitten. Die U 5 zwischen Alex und Frankfurter Allee wird drei Monate lang saniert. Die Verkehrsverwaltung verhindert Busspuren für den Ersatzverkehr. Die BVG tröstet die Fahrgäste mit Playmobil
von RUDI NOVOTNY
80.000 Menschen benutzen täglich die U-Bahn-Linie 5 zwischen Alexanderplatz und Frankfurter Allee. Bisher. Denn vom 13. September bis zum 14. Dezember ist die Strecke wegen Sanierungsarbeiten für den U-Bahn-Verkehr gesperrt. Macht nichts, dachte man sich bei der BVG, richten wir doch einfach einen Ersatzverkehr mit Busspur ein. Da aber spielte der Senat nicht mit: Busersatzverkehr ja, Busspur nein.
Eine Entscheidung, die die Verantwortlichen der BVG zumindest nach außen hin voll mittragen. „Wir müssen Verständnis dafür haben“, sagt Hans-Heino Dubenkropp, Vorstandsmitglied Betrieb, „der Senat handelte ja aufgrund der Straßenverkehrsordnung so.“
Anderswo ist man da weniger vorsichtig. Matthias Horth, stellvertretender Vorsitzender des Berliner Fahrgastverbandes (IGEB), entgegnet: „Das Hauptargument ist ja, dass die Fahrbahnen zu eng für eine Busspur plus zwei Fahrstreifen je Richtung seien.“ Tatsache sei aber, so Horth, dass bis auf einen Teilabschnitt von 1,5 Kilometern die Straße breit genug sei. Horth: „Auf dem restlichen Abschnitt wäre die Einrichtung von Busspuren problemlos möglich gewesen.“ Obwohl der IGEB aus Kostengründen und wegen der besseren Berechenbarkeit für die Passagiere auch für die Vollsperrung der U-Bahn ist, schwant Horth Böses: Die Busse stecken im Stau und die Fahrgäste benötigen für die Strecke „statt zehn Minuten Fahrzeit mit der U-Bahn nun eine halbe Stunde“. Und die BVG braucht „dutzendweise zusätzliche Busse“. Das sind zusätzliche Kosten. Insgesamt sei die Entscheidung gegen eine Busspur eine „Entscheidung gegen die Interessen von Fahrgästen und Verkehrsunternehmen.“
Das möchte Petra Reetz, Sprecherin der Verkehrsverwaltung, so nicht stehen lassen: „Die Entscheidung für die Sanierung der U 5 ist eine Entscheidung für den Fahrgast. Schließlich macht man damit die U-Bahn komfortabler und erreicht mehr Leute.“ Die zusätzlichen Kosten für die BVG seien vertretbar. Eine Busspur, so Reetz, „könnte den ganzen Verkehr lahm legen“. Und auch das verursache Mehrkosten. Einschätzungen von Verkehrsexperten hätten ergeben, dass sich die Autos dann bis zur Stadtgrenze stauen. Das Fazit der Sprecherin: „Die jetzige Variante ist nicht nett, aber anders geht’s nicht.“
Über die Notwendigkeit der Sanierung redet auch die BVG lieber als über Busspuren. Hans-Heino Dudenkropp: „In diesen Bahnhöfen fallen Fliesen runter, Deckenteile sind kaputt, und das Ganze ist nicht behindertengerecht.“ Dinge, die man durch die Bauarbeiten abstellen will. Wolfgang Predl, Direktor der U-Bahn: „Wir werden unter anderem ein Blindenleitsystem einbauen, Bahnsteigkanten anheben und Aufzüge einbauen.“
Optisch sollen alle Stationen, abgesehen von den unter Denkmalschutz stehenden am Alexanderplatz und der Samariterstraße, im Stil der Zwanzigerjahre restauriert werden. Eine Ankündigung, bei der die Verantwortlichen fast genauso strahlten wie der neueste BVG-Mitarbeiter. Dessen Name: Harry Schotter. Das mit Blaumann und Baustellenhelm ausgerüstete Playmobilmännchen ist ungefähr 1,20 Meter groß, eine Sonderanfertigung für die BVG. Detlef Untermann, Abteilungsleiter des Kommunikationsmanagements: „Wir hoffen darauf, dass die Berliner in Zukunft beim Anblick von Harry Schotter wissen: Hier ist eine Baustelle, hier muss ich mich informieren.“ Harry Schotter im Handformat will die BVG an baustellengeplagte Kunden verschenken. Allerdings erst ab 2004. Dann fährt die U 5 zwar wieder nach Plan, aber die nächste Baustelle kommt bestimmt.