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Archiv-Artikel

Planloser Randsport mit System

Merkwürdig, dass das Entscheidungsspiel von Nowitzki & Co gestern vom ZDF nur als Aufzeichnung gesendet wurde. Und ärgerlich, dass nicht nur die derzeitige Basketball-EM vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen vernachlässigt wird

Eine Einschaltquote von 25,5 Prozent konnten ARD und WDR verzeichnen, als die deutsche Handballnationalmannschaft am 2. Februar dieses Jahres im Weltmeisterschaftsendspiel gegen Kroatien stand. Das ist sehr viel für eine von den öffentlich-rechtlichen Sendern gering geachtete Sportart – so gering nämlich, dass sie den Einzug der Mannschaft ins Finale nicht eingeplant hatten. Im letzten Moment wurde ein Sendeplatz beim WDR freigeräumt, die ARD übertrug erst ab der zweiten Halbzeit: als wäre nichts gewesen.

Nachdem den deutschen Basketballern für die zurzeit ausgetragene EM in Schweden gute Chancen ausgerechnet wurden – bzw. wieder werden, das entscheidet sich nach Redaktionsschluss –, beschloss man offenbar bei ARD und ZDF, diesen Fehler nicht zu wiederholen. Alle Partien mit deutscher Beteiligung sind feste Programmpunkte. Das freut den vernachlässigten Basketballfan, hat mit umfassender Sportberichterstattung aber nichts zu tun. Obwohl es, wie schon bei der Handball-WM, mehr zeigen könnte, beschränkt sich das Gebührenzahlerfernsehen auf ein Pflichtprogramm. Solange die deutsche Mannschaft antritt, übertragen ARD und ZDF – ungern, wie es scheint, denn schon bei der dritten Begegnung schaltete man sich sechs Minuten zu spät in das Spiel, weil vorher noch Nachrichten und ein Champagnerverschwendungsritual im Motorsport gesendet sein wollten. Kein deutscher Fernsehzuschauer durfte allerdings bisher verfolgen, wie sich die anderen EM-Teams schlugen und wie ihre Stärken einzuschätzen sind. Niemand hält daher – jedenfalls, bis es ernst wird – zu einer weiteren Mannschaft, und vor allem kann sich so kein Einsteiger für Basketball erwärmen.

Zu einem Sportereignis gehört aber auch für alle, zu erfahren, wie groß der Klassenunterschied zwischen den Mannschaften ist, wie der Favorit agiert, was die Außenseiter anstellen etc. War Litauen nun eigentlich ein starker Gegner oder Dettmanns Mannschaft planlos? Dank Andreas Witte könnten sich selbst Einsteiger mit dieser Frage auseinander setzen. Mit geradezu missionarischem Eifer bemüht sich der fachkundige und gedämpft leidenschaftliche Reporter schon nachmittags um viertel nach drei, noch jeden Zuschauer in die Geheimnisse der Zonenverteidigung einzuweihen. Er übersetzt die englisch gesprochenen, im Hallenlärm schwer zu verstehenden Traineranweisungen für sein Publikum und erklärt immer wieder wichtige Grundregeln – er macht also alles richtig, sein Arbeitgeber aber alles falsch.

Über Sendeplätze, die einmal gekauften Rechte auch gefälligst auszunutzen, verfügen ARD und ZDF schließlich reichlich: Die meisten Spiele der Basketball-EM sind zwischen 14.00 und 18.00 Uhr angesetzt. Das ist längst noch keine so genannte Prime Time, und darüber hinaus könnten die großen Sendeanstalten auf ihre dritten Programme und sogar auf den Kinderkanal für die 21.00-Uhr-Spiele zurückgreifen. Und noch vernünftiger wäre sicherlich, nach KiKa endlich eine Frequenz für Volksmusik einzurichten: „Volmu“ würde viel Platz schaffen, abseits von vermeintlichen Randsportarten wie auch über den nur scheinbar bevorzugten Fußball zu berichten: Zum Beispiel über eine legendäre Begegnung wie Kickers Offenbach gegen Eintracht Frankfurt im DFB-Pokal. Die lief allein im Hessischen Rundfunk – der aber sendet nicht bundesweit. CAROLA RÖNNEBURG