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Archiv-Artikel

Vorschriften kreativ interpretiert

Immer öfter verhängen Arbeitsämter Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld

BERLIN ■ taz Die Arbeitsämter sind schärfer gegen Arbeitslose vorgegangen. 155.019 Sperrzeiten wurden verhängt, weil die Arbeitnehmer entweder selbst ihren Job gekündigt oder aber eine zumutbare Tätigkeit abgelehnt haben. Zwischen drei und zwölf Wochen bekommen die Betroffenen kein Arbeitslosengeld. Damit stieg die Zahl der Strafaktionen um 24 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2002. In Ostdeutschland stieg die Zahl der Fälle sogar um 42 Prozent.

Warum die Sperrzeiten so zugenommen haben, erläuterte Gisette Ahrendt der taz. Man setze auf „Aktivierung“, sagte die Sprecherin des Arbeitsamtes Neubrandenburg: Arbeitslose müssten mehr Bewerbungen nachweisen und das Amt würde häufiger als bisher weit entfernte Arbeitsstellen vorschlagen, vor allem in den alten Bundesländern.

Das Gesetz wird durchaus kreativ interpretiert: „Wir laden gezielt die Personen regelmäßig aufs Amt ein, die legal einen Minijob haben. In der Zeit stehen sie ihrem Arbeitgeber natürlich nicht mehr zur Verfügung.“ Entweder der Betroffene sagt den Termin ab und bekommt eine Sperrzeit. Oder er fehlt in der Arbeit. Dadurch entstehe Druck auf den Arbeitgeber, den Minijob in eine sozialversicherungspflichtige Stelle umzuwandeln. So könne er verhindern, dass seine Beschäftigten öfter durch Behördengänge verhindert sind.

Eigentlich sollen die Sperrzeiten jene Erwerbslosen bestrafen, die eine Arbeitsstelle ausschlagen. Stattdessen werden die Sperrzeiten nun auch gegen jene verhängt, die sich selbst einen legalen Minijob gesucht haben. Ahrendt: „In Zeiten knapper Gelder werden solche Mittel hervorgeholt, die die Kassen entlasten.“

SEBASTIAN HEISER