: Je früher, desto besser
Berufsunfähigkeitsversicherung: Absicherung für den Krankheitsfall. Die Stiftung Warentest hat 95 Produkte untersucht. Wichtig: Alle Gesundheitsfragen sollte man sehr gewissenhaft beantworten
Assekuranzen sind mit Statistiken in der Regel gut bestückt. So auch der Verband der öffentlichen Versicherer. Hier weiß man: Erkrankungen an Rücken und Gelenken gehören mit einem Anteil von 35 Prozent zu den häufigsten Ursachen für Berufsunfähigkeit. Es folgen Nervenleiden und Psyche (15 Prozent), Herz und Kreislauf (13 Prozent), Tumore und Blutkrankheiten (11 Prozent). Gerade mal 10 Prozent aller Berufsunfähigen sind Opfer eines Unfalls.
Wer seinen Job nicht mehr ausfüllen kann, hat bekanntermaßen – neben der Krankheit – auch ein finanzielles Problem. Vom Staat nämlich ist keine Hilfe zu erwarten. Wer nach 1961 geboren wurde, erhält von den Rentenversicherungsträgern nur dann einen kleinen Zuschuss zum Lebensunterhalt, wenn er vollends erwerbsunfähig ist. Denn im Zuge der Rentenrefom 2000 entfiel die Berufsunfähigkeitsrente für alle, die am 1. Januar 2001 das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Zudem haben nur jene einen Anspruch auf staatliche Unterstützung, die bereits seit fünf Jahren eine Tätigkeit ausüben und Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung einzahlen.
„Wer nicht vermögend ist, sollte sich vor einem finanziellen Kollaps mit einer privaten Berufsunfähigkeit schützen“, rät die Stiftung Warentest in ihrer Zeitschrift Finanztest.
Die häufigste Variante ist eine Kombination aus Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung. Dabei ist Letztgenannte formal die Hauptversicherung, die Absicherung der Berufsunfähigkeit gilt als Zusatzversicherung, deshalb ist oft der Begriff „Berufsunfähigkeitszusatzversicherung“ zu hören. „Im Kombivertrag sagt der Versicherer seinem Kunden eine Rente für den Fall zu, dass dieser in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann“, so Finanztest. Dessen Angehörige erhalten aus diesem Vertrag eine Geldsumme, falls der Versicherte stirbt.
Insgesamt nahm die Stiftung Warentest 95 Angebot von 68 Versicherern unter die Lupe. Untersucht wurden dabei sowohl die Bedingungen der Versicherung als auch die Anträge selbst. Ergebnis: Knapp zwei Drittel kann man in die engere Wahl einbeziehen. 17 Tarife wurden mit „sehr gut“ bewertet, 47 mit „gut“. Doch steckt die Tücke bekanntermaßen im Detail: „Die Preisunterschiede sind schon unter den sehr guten Angeboten sehr groß“, konstatieren die Finanzexperten. So zahle ein 30-jähriger kaufmännischer Angestellter beim Testsieger Volksfürsorge im Jahr 925 Euro. Dafür ist er bis zum Lebensalter von 65 Jahren versichert, im Falle der Berufsunfähigkeit erhielte er aus dem Vertrag eine monatliche Rente von 1.000 Euro. Die Axa hingegen verlange dafür nur einen Jahresbeitrag von 662 Euro.
Der Preis bemisst sich daran, welchen Beruf der Versicherte ausübt. Berufsgruppen, die etwa wie Gerüstbauer hohen Risiken ausgesetzt sind, müssten teils horrende Beträge aufbringen, um sich abzusichern. Die Policen werden zudem oft nur bis zu einem Höchstalter von 50 oder 55 Jahren geschlossen. Mathematiker hingegen könnten sich relativ preiswert und bis zum Alter von 65 Jahren versichern, so Finanztest.
Allerdings könne „jede noch so kleine Gesundheitsstörung“ einen Vertragsschluss verhindern. Nach den Erfahrungen scheinen sich viele Versicherer offenbar aus den eingegangenen Verpflichtungen regelrecht herauszuwinden. Was sie auf dem Papier anböten, sei „nur ein Teil der Wahrheit“. Erst in den vor Vertragsschluss üblichen Korrespondenzen kämen „viele Haken und Ösen“ heraus. Dabei sei der Leistungsaussschluss für einzelne Krankheitsbilder „besonders problematisch“. Seien sie „nicht genau abgrenzbar“, könne der Versicherer im Ernstfall diese gesundheitliche Störung allzu leicht als Ursache für eine spätere Berufsunfähigkeit anführen. Folge: „Dann gibt es kein Geld, und der Versicherte hat den hohen Beitrag jahrelang umsonst bezahlt.“ Tipp von Finanztest: „Akzeptieren Sie möglichst keinen Leistungsausschluss für eine Erkrankung, sondern zahlen Sie lieber einen Zuschlag auf den Beitrag.“ Auch solle man vereinbaren, dass dieser Zuschlag „nach einer gewissen Zeit entfällt“.
Finanztest rät zudem, den Antrag immer mit größter Sorgfalt auszufüllen. Mancher Versicherungsvermittler versuche die Bedeutung des Formulars herunterzuspielen. „Vermittler wollen verhindern, dass ein Kunde abgelehnt wird, weil ihnen die Provision entgeht.“ Weise ein Versicherer dem Kunden allerdings später nach, dass er „gesundheitliche Probleme, die für seine Berufsunfähigkeit verantwortlich sind, im Antrag verschwiegen oder nicht in ausreichendem Maße angegeben hat, kann er vom Vertrag zurücktreten“ – für den Versichertungsnehmer ist dies schlicht rausgeschmissenes Geld. ANDREAS LOHSE
„Berufsunfähigkeitsversicherung: Wichtig für alle“. In: Finanztest, Ausgabe 8-03, Bezug über die Stiftung Warentest, Leserservice, Lützowplatz 11–13, 10785 Berlin, 3,80 Euro. Unter www.finanztest.de findet man eine fünfseitige Checkliste, die man vor Abschluss einer solchen Versicherung durchgehen sollte (auch per Faxabruf unter (0 19 05) 1 00 10 86 33, pro Minute 0,62 Euro). Außerdem bittet Finanztest um Erfahrungen von Versicherungskunden. Unter Tel. (0 30) 26 31 23 03 ist ein Fragebogen erhältlich.