piwik no script img

Archiv-Artikel

„Da ist keine Scham“

Es ist schwierig, die Gehälter von Managern gesetzlich zu begrenzen, sagt der Wirtschaftsethiker Bernd Noll

Von UH

BERND NOLL, 54, ist Volkswirt und Wirtschaftsethiker an der Hochschule Pforzheim. Er ist Mitautor einer Studie zu Managermärkten.

taz: Herr Noll, die deutsche Politik versucht seit Jahren, die Managergehälter zu begrenzen. So müssen die Vorstände jetzt ihre Bezüge offenlegen. Warum hat das nichts gebracht?

Bernd Noll: Die Politik hatte sich vorgestellt, dass sich die Manager schämen würden, wenn sie ihre hohen Gehälter offenlegen müssen. Das war ein völliger Blindschuss. Stattdessen stiegen die Vergütungen, weil jeder Manager bequem sehen konnte, ob seine Kollegen in anderen Firmen mehr verdienen.

Die große Koalition will nun nachbessern. Die Manager sollen Aktienoptionen erst nach vier Jahren ausüben dürfen.

Das ist ein richtiger Schritt. Die jetzige Sperrfrist von zwei Jahren ist zu kurz. Allerdings sollte man sich von dieser Regelung keine Wunder erwarten. Aktienoptionen sind sehr komplex.

Eine weitere Idee, die in der Regierung diskutiert wird: Der ganze Aufsichtsrat soll die Vorstandsgehälter beschließen – nicht nur ein kleines Gremium. Ein guter Vorschlag?

Das ist ein Fortschritt. Aber es würde nicht viel ändern: Die Aufsichtsräte, die von den Eigentümern bestimmt werden, stammen fast alle aus dem Bürgertum – wie auch die Vorstände. Sie sind alle Manager und wurden durch gleiche Berufserfahrungen geprägt. Da ist die Neigung nicht groß, sich gegenseitig die Gehälter zu beschneiden.

Was halten Sie von der Idee, Aufsichtsräte zu Schadenersatz zu verpflichten, wenn die Vorstandsgehälter zu üppig sind?

An der Haftungsschraube für Aufsichtsräte sollte man drehen. Bisher ist das ein großes Gremium, und keiner fühlt sich richtig zuständig. Daher könnte man auch darüber nachdenken, die Aufsichtsräte zu verkleinern.

Die SPD schlägt vor, dass Managergehälter jenseits der Millionengrenze nicht mehr von der Steuer absetzbar sein sollen. Was sagen Sie dazu?

Wenn man in die Vertragsfreiheit eingreift, wird es schnell schwierig: Warum darf Brad Pitt Millionen verdienen, aber ein Manager nicht? Ich habe auch Bauchschmerzen bei den hohen Managergehältern, aber staatlicher Aktionismus bringt nichts. INTERVIEW: UH