: „Es ist alles wenig durchdacht“
Die indischen Händler beim „Markt der asiatisch-pazifischen Kulturen“ freuen sich auf die guten Berliner Kunden – und sie sind schlecht gelaunt, weil diese guten Kunden wegen viel zu geringer Werbung erst gar nicht den Weg zum Schlossplatz finden
von ADRIENNE WOLTERSDORF
„Hallo, ich bin ein recycelter Sari“ steht auf dem Pappschildchen, das an einem bestickten Tüllrock baumelt. Drumherum hängen T-Shirts und Pluderhosen in den New-Age-Farben Samtschwarz, Rostrot, Bordeaurot und Flitter. Indische Trance-Musik und den Duft von Räucherstäbchen gibt es gratis dazu.
Im Zelt nebenan sitzt ein etwas missmutig schauender Händler aus Indien und legt gelegentlich seine bunten, silberdurchwirkten Kissenhüllen zurecht, die die wenigen Besucher durchblättern. Raman Saman hält mit seiner schlechten Laune nicht lange hinterm Berg, als klar wird, dass dies kein Verkaufsgespräch wird. Viel zu wenig Werbung würde für den „Markt der asiatisch-pazifischen Kulturen“ auf dem Schlossplatz gemacht. Das Publikum sei ja okay, aber viel zu wenig Werbung. „Ich habe so viel Geld ausgegeben“, klagt der Exporteur aus Neu-Delhi. Der Indische Handelsrat, bei dem er Mitglied ist, habe dies als eine gute Idee propagiert, sich auf dem deutschen Markt zu präsentieren. Und nun ist nichts los, mault Saman.
Mit ihm sind rund 60 indische Händler nach Berlin zu den Asien-Pazifik-Wochen gekommen, alle mit hohen Umsatzerwartungen, denn Indien ist das diesjährige Schwerpunktland der bundesweit einmaligen Veranstaltung. Erst habe man ihnen versprochen, der Markt werde zwei Wochen dauern, so lange wie die Asien-Pazifik-Wochen. Nun erfuhr Saman, nach neun Tagen sei Schluss. Schlecht fürs Geschäft!
Saman hat schon einmal schlechte Erfahrungen in Deutschland gemacht. Letztes Jahr versuchte er sein Glück auf einer Messe in Essen. Auch da musste er das Gros seiner indischen Kissen, Täschchen und Gürtel wieder einpacken und mitnehmen. Erfreulich seien nur die wenigen Berliner Kunden. „Die sind sehr ernsthaft, kooperativ, vorsichtig und handeln nicht“, lobt Saman.
Dass der Euro nicht so richtig rollt, dass könnte auch an den angebotenen Waren selbst liegen, meint ein indischstämmiger Berliner Händler. Anders als seine Konkurrenten vom Subkontinent kenne er den Geschmack der Berliner Kunden genau: Farbig, aber nicht kitschig. „Die Qualität der Kaschmirschals muss eben stimmen“, meint einer, dafür wird hier dann gerne etwas mehr gezahlt.
Unzufrieden ist auch eine Schöneberger Anbieterin von Waren aus Papua-Neuguinea und Indonesien. „Im Vergleich zum letzten Mal kannste das vergessen“, meint sie. Das Timing des Senates sei falsch, der Openair-Markt werde zu wenig beworben, die Bühne mit dem kostenlosen Kulturprogramm sei nicht von der Straße aus zu sehen – und damit kein Publikumsmagnet. „Es ist diesmal einfach alles wenig durchdacht“, sagt sie und preist einige geschnitzte Holzkästchen aus. Außerdem die Stimmung! Vor zwei Jahren, als China Schwerpunktland war, habe es auf dem Markt zwar oft geregnet, aber die Laune sei besser gewesen. Die Chinesen hätten viel mehr Kulturprogramm geboten. Diesmal seien eben mehr Händler da, Indien sei ja eine alte Handelskultur, meint sie vorsichtig.
Während einige hundert Meter weiter, im Konzerthaus auf dem Gendarmenmarkt, Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Eröffnungsrede der Asien-Pazifik-Wochen ein stärkeres gegenseitiges Engagement der indischen und deutschen Wirtschaft fordert, schlurft auf dem Markt eine beleibte Inderin zum „Best of Thaifood“ und ordert einen „Luckybag“, gebratene Teigtäschchen. An ihrem eigenen Stand stehen vier türkischstämmige Teenager-Mädchen und drehen und wenden die bunten, perlenbestickten Stofftaschen. „Is ja ganz hübsch“, meint eine, „aber irgendwie zu extrem.“ – „Wie?“, fragt die Freundin. „Na, zu extrem indisch eben.“