: Ein Landei auf Welttournee
Christine Brandmeir ist neue Generalsekretärin der katholischen Landjugend. Für sie die ideale Verbindung von Mystik und Politik. Konflikte mit dem Papst will sie einfach schlucken. „Wir können nicht dauernd anstoßen“
Christine Brandmeier muss ihre geliebte Landidylle bald verlassen. Die 30-Jährige wurde am vergangenen Donnerstag von den Delegierten der Internationalen Katholischen Land- und Bauernjugendbewegung (MIJARC) in Hardehausen zur neuen Generalsekretärin gewählt. Jetzt wird sie für den Verband durch die Welt reisen, in Afrika für das Recht auf selbstbestimmte Ernährung werben, in Asien für alternative Wirtschaftsmodelle werben. „Distanz ist relativ“, sagt sie. Aber auch wenn sie durch die Metropolen reist, hat sie ein vorrangiges Ziel. „Ich will Jugendliche dazu bewegen, auf dem Land zu bleiben.“ Die katholische Landjugend biete ihr beides, sagt Brandmeir. „Mystik und Politik in einem.“ Christlich zu leben bedeute für sie, Hoffnung zu haben, dass es eine gerechtere Welt geben könne.
Brandmeir lebt mit ihrem Mann und der zweijährigen Tochter in einem 600-Seelendorf an der luxemburgischen Grenze. „Auf dem Land ist es menschenwürdiger“, sagt sie und gerät ins Schwärmen. Sie genieße eine größere Freiheit, die Natur, die engen Bindungen zwischen den Nachbarn. „Das ist ein schönes Lebensgefühl.“ Außerdem seien die Landleute viel pragmatischer, die könnten noch richtig anpacken. „Das will ich auch.“
Angepackt hat Brandmeir schon immer in der katholischen Landjugend. Vom Bauernstammtisch bis zur Ökogruppe reicht das Angebot der Organisation. Schon als Kind war sie Mitglied, später übernahm sie neben ihrem Studium der Sozialarbeit immer wichtigere Posten, reiste zu weltweiten Treffen der Organisation. Die Landjugend ist für die katholische Kirche wie die Jungsozialisten für die SPD: Ein aufmüpfiges soziales Gewissen, aber am Ende werden sie gerne überhört. „So ein Papier vom Papst zu der Rolle der Frau ist schon schwierig“, sagt sie. Die Jüngeren in der Kirche setzten sich schon lange dafür ein, dass Frauen auch Priesterinnen werden können, dass sie überall gleichberechtigt vertreten sind. „Die Kirche hat ja leider keine Instanz zum Abstimmen“, seufzt sie. Immer wieder stoße die Landjugend an Grenzen der Hierarchie. „Aber wir wollen auch nicht dauernd anstoßen“, beschwichtigt sie schnell. Da sei auch sie ganz pragmatisch.
Wenn Brandmeier nicht um die Welt reist, arbeitet sie zu Hause am Computer, schreibt E-Mails, koordiniert Treffen, bereitet Seminare vor. In diesem Jahr kümmert sich die Mijarc mit ihren zwei Millionen Mitgliedern vor allem um das Thema „Ernährungssouveränität“, gefordert wird der Abbau von europäischen Agrarsubventionen, ein Verbot von Gentechnik in der Landwirtschaft.
Trotz der engen Grenzen in der Kirche hat sie nie daran gedacht, sich woanders für Eine-Welt-Gerechtigkeit einzusetzen. „Ich bin so erzogen werden, ich kann das nicht so einfach abschütteln“, sagt sie. Mit ihren Eltern ist sie stets zur Kirche gegangen, hat gebetet und in der Bibel gelesen. Das sei idyllisch gewesen, wie das Leben auf dem Land. ANNIKA JOERES