vorlauf : Kampf für eine fremde Sache
„Beutekameraden“ (20.45 Uhr, Arte)
Günter Ulfik erinnert sich an eine glückliche Kindheit in Chorzow, obwohl die achtköpfige Familie arm war. In bedrängten materiellen Verhältnissen wuchs auch Ewald Kroll mit seinen Brüdern auf. Stärker noch als ihre Jugend im Polen der frühen 30er-Jahre prägten sie freilich ihre Erfahrungen nach dem Überfall durch Hitlers Wehrmacht. Wie 250.000 andere Leidensgenossen wurden sie von den neuen Herren als „Volksdeutsche“ zur Armee des Dritten Reiches verpflichtet. Wer sich bis 1941 nicht in entsprechenden Listen hatte erfassen lassen, wurde fortan als Bürger zweiter Klasse behandelt und „seinem Schicksal als Pole unterworfen“, wie das damalige Generalgouvernement drohend verlauten ließ.
Wie die jungen polnischen Soldaten „für eine fremde Sache und oft gegen ihre eigenen Überzeugungen kämpfen mussten“, schildert Christian Gropper sehr anschaulich in „Beutekameraden“. In dieser Bezeichnung für die Zwangsrekrutierten durch die neuen Herren schwang jenes Bündel an kleinen und größeren Demütigungen mit, denen die neuen Wehrmachtsangehörigen ungeachtet ihrer Loyalität ausgesetzt waren. Dass die Überlebenden der Feldzüge durch Frankreich oder die Sowjetunion nach der Befreiung Polens durch Widerstand und Rote Armee in ihrer Heimat oft neue Ressentiments und Repressalien als „Verräter“ erleben mussten, zählt zu einem anderen Kapitel dieser düsteren Geschichte.
Es ist Gropper hoch anzurechnen, dass er sich diesem bislang weitgehend tabuisierten Thema sehr behutsam und zugleich sorgfältig nähert. Fernab der konfektionierten Dramatik der NS-History-Factory eines Guido Knopp sind seine Zeitzeugen in der Koproduktion von Arte und MDR statt Stichwortgebern Menschen, denen der Autor mit Respekt begegnet und zuhört. Indem er auch den historischen Kontext des Vielvölkerstaates mit seiner leidvollen Geschichte skizziert, ist ihm ein leiser, sehenswerter und bewegender Dokumentarfilm gelungen, der klug auf die Aussagekraft der alten Männer mit ihren leidvollen Biografien und das von ihm zusammengestellte Bildmaterial vertraut. RAINER BRAUN