Flatternde Finger

Am Freitag spielte die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen in Salzburg, diesen Dienstag und Mittwoch folgen zwei Konzerte in Bremen. Ein Generalprobenbesuch

„More Joy“ verlangt Paavo Järvi, der neue Chefdirigent der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, für die Anfangstakte von Ludwig van Beethovens strahlender 8. Sinfonie. Das Orchester befindet sich in der Generalprobe für ein Konzert bei den Salzburger Festspielen und geprobt wird in der Sparkassenhalle am Brill, öffentlich, allerdings mit einer sehr begrenzten Anzahl an Zuschauerplätzen.

Was im Konzert kaum zu erleben ist, nimmt in der Probe Gestalt an: Järvi springt sozusagen in die Musiker hinein, stellt sich bedrohlich nah an die Celli, schießt mit seinem Arm die auffahrende Violinengeste direkt an den Musikern in die Höhe. Der Effekt ist eine starke Körperlichkeit der Musik. Dies ist besonders auffällig in dem derb-tänzerischen Scherzo, das klingt wie ein Bauerntanz mit Holzschuhen.

Das Tempo ist wahnsinnig: kein Zweifel, Järvi treibt die MusikerInnen zu einer Leistung, über die sie zur Entlastung nur noch grinsen können. Dann arbeitet er an einer Stelle, in der eine Spannung von einem verebbenden Thema zu einer Tuttiexplosion gestaltet werden muss. Immer stärker wird die Sprachlichkeit der Gesten und nachdem das Orchester agiert, als hätte eine Bombe den Impuls gegeben, kann er sagen: „That’s it!“

Bei der Symphonischen Serenade in B-Dur von Erich Wolfgang Korngold fällt die ebenso exakte wie fummelige Expressivität von Järvis linker Hand auf: die Finger flattern, die Hand dreht sich, die Handfläche fliegt hin und her, Daumen und Zeigefinger schnalzen, der Zeigefinger schießt in die Höhe … wahrscheinlich ist diese Differenzierungsmöglichkeit die Folge seines frühen familiären Trainings, über das wohl weltweit kein anderer Dirgent verfügt. Schon im Alter von fünf Jahren dirigierte der Dirigenten-Sohn und -Enkel vor dem Spiegel, korrigiert von Hinweisen des Vaters.

In den beiden Bremer Konzerten wird statt des Korngold Richard Strauss’ süffiges Sextett gespielt, und wenn der exzentrische finnische Pianist Olli Mustonen mit dem dritten Klavierkonzert von Beethoven auf Paavo Järvi und die Deutsche Kammerphilharmonie trifft, wird es gelinde gesagt spannend.

Ute Schalz-Laurenze

Konzerte am 24. und 25. 8. jeweils um 20 Uhr im großen Saal der Glocke