Hartz-Proteste machen Angst

Wirtschaftsminister Clement drückt sich beim Tag der offenen Tür und PDS-Chef Stefan Liebich studiert noch immer den Terminkalender. Zur Montagsdemo werden heute 30.000 erwartet

VON FELIX LEE

Die etwa 50 Anti-Hartz-Demonstranten von Attac und des Ver.di-Erwerbslosenausschusses werden heute auf jeden Fall zur Montagsdemo kommen. Zu frustrierend fanden sie ihre Aktion gestern beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung. Eigentlich wollten die Hartz-IV-Gegner Wirtschaftsminister Wolfgang Clement „auf die Pelle rücken“. Doch zu ihrer Aktion „Fünf vor Zwölf“ kamen bei weitem nicht so viele wie erwartet. Ja, nicht einmal Clement selbst war da. „Offenbar hat er Muffensausen bekommen“, glaubt Attac-Aktivist Alexis Passadikis. Verkehrsminister Manfred Stolpe war ihnen kein Ersatz. Für ihn interessierten sich weder die Demonstranten noch sonst ein Besucher. Vor der Großbühne, von der aus Stolpe sprach, blieb es leer.

Wer heute definitiv nicht zur Montagsdemo kommen wird: Der CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller. Dabei bekundet er großes Verständnis für den Protest, fordert gar eine Verschiebung der verhassten Arbeitsmarktreform um ein ganzes Jahr. Es müsse „noch einiges abgemindert werden, damit die Menschen im Osten keine drastischen Vermögensverluste hinnehmen müssen“, findet er – bleibt aber wie gesagt zu Hause.

Stellt sich dann die Frage, ob der Protest mit Stefan Liebich wachsen wird, seines Zeichens Landes- und Fraktionschef der Berliner PDS. Am Freitag hatte er mitgeteilt, dass er heute vor dem Roten Rathaus stehen wird. Aber nur „soweit sein Terminkalender es zulässt“, fügte er hinzu. Klarer wollte er sich gegenüber der taz auch gestern noch nicht äußern.

Dabei muss Liebich den Knatsch im rot-roten Senat auch im Urlaub mitgekriegt haben, von dem er soeben zurückgekehrt ist. Vielen SPD-Politikern passt es nicht, dass die Linkssozialisten auf der einen Seite auf Montagsdemos munter gegen Hartz IV wettern, andererseits die PDS-Genossen die ungeliebte Reform auf Landesebene umsetzen. „Ich lasse mir weder von der SPD noch von sonst wem vorschreiben, auf welche Veranstaltung ich gehe“, sagte Liebich dazu der taz. Die SPD kenne die Haltung der PDS zu Hartz IV schon lange.

Ein Déja-vu? Schon einmal gab es im rot-roten Senat Ärger, weil die PDS an einer Demonstration teilnehmen wollte, der Regierende Bürgermeister ihnen dies aber verbat. Beim Besuch des US-amerikanischen Präsidenten vor zwei Jahren hatte die PDS-Basis zusammen mit Friedensinitiativen zur Anti-Bush-Demo aufgerufen. Damals war es die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS), die mitlaufen wollte.Doch dann war sie doch nicht auf der Straße. Begründung: Der Terminplan war zu voll. Die SPD gab sich damit zufrieden.

Doch immer wird diese PDS-Masche nicht ziehen. Zumindest nicht bei den Anti-Hartz-Protesten – allein schon wegen des wiederkehrenden Termins. Spätestens auf der Demo am kommenden Montag wird sich zeigen, wie viel an Liebichs Worten dran ist. Sollte er wieder „aus Termingründen“ fernbleiben, wird ihm kaum ein Montagsdemonstrant mehr glauben.

Und das sind zurzeit viele. Heute sollen es laut Veranstalter 30.000 Teilnehmer werden. Nächste Woche noch mehr. Sagt auch CDU-Chef Zeller.