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Archiv-Artikel

Parkplatz oder Markplatz

Das Zentrum von Rothenburgsort soll neu bebaut werden, um das öffentliche Leben zu fördern. Jetzt stellt sich heraus: Ein Teil soll verkauft werden, angeblich um darauf Parkplätze zu errichten

VON GERNOT KNÖDLER

Auf dem Rothenburgsorter Markplatz soll das öffentliche Leben blühen – aber auf privatisiertem Grund und womöglich einem Parkplatz. Was sich anhört wie eine Geschichte aus Schilda, schickt sich gerade an, zumindest in Teilen Wirklichkeit zu werden. Der Stadtteilrat und die Bürgerinitiative Hamburgs Wilder Osten (HWO) sind alarmiert. Auch die Bezirksversammlung hat bereits reagiert: Der rot-grün dominierte Hauptausschuss beschloss einen erweiterten CDU-Antrag mit Auflagen für den Fall, dass das Grundstück an einen Investor verkauft wird.

Schon seit zehn Jahren bemüht sich die Politik, den Rothenburgsorter Markplatz aufzuwerten. Dass hier das Zentrum des Stadtteils sein soll, bildet die heutige Bebauung nicht ab: Hier stehen zweistöckige Nachkriegsbauten, eher Pavillons als Häuser. Nachdem viele potenzielle Investoren abgesprungen sind, hat sich mit der Buxtehuder Firma AVW Immobilien jetzt einer gefunden, der es ernst zu meinen scheint.

AVW plant einen U-förmigen Gebäudekomplex mit Wohnungen und Geschäften. Doch die Freude im Stadtteil wird dadurch getrübt, das der Investor den Platz innerhalb des Us kaufen möchte. Der Stadtteilrat – ein Nachfolgegremium des Stadtteilbeirats aus der Zeit, da Rothenburgsort Gebiet der sozialen Stadtteilentwicklung war – befürchtet, dass auf dem Platz Autostellplätze errichtet werden sollen. Er beruft sich dabei auf Informationen aus dem Bezirksamt Mitte. „Für uns ist die erste Priorität“, sagt Amtssprecherin Sorina Weiland, „dass trotzdem der Markt gesichert ist.“

Ein Parkplatz bedeute Lärm und Schmutz, kritisiert einstimmig der Stadtteilrat. „Außerdem wird den Rothenburgsortern dadurch ihr zentraler Platz genommen, der nicht nur als Standort des Wochenmarktes eine besondere Bedeutung hat, sondern auch als sozialer, kultureller und politischer Treffpunkt dient“, heißt es.

Die Stadtteilinitiative HWO verweist auf den Bebauungsplan, der eine größere Nutzungsvielfalt für das Quartier vorsieht. Ob etwa ein Privatunternehmen über die Kosten und Grenzen der Nutzung befinden solle?

Die Bezirksversammlung will das mit Hilfe von Auflagen verhindern. „Wir wollen das Projekt nicht gefährden, aber es darf kein Parkplatz werden“, sagt GAL-Fraktionschef Michael Osterburg. Die Fraktionen haben beantragt, den Platz frei zugänglich zu halten, den Wochenmarkt und Sondernutzungen wie Infostände weiterhin zu ermöglichen. AVW will unter dem Platz einen Tiefgarage mit 100 Plätzen bauen. Nach Informationen Osterburgs muss er aber weitere 20 Autostellplätze für die von ihm geplanten Bauten nachweisen, weshalb er den oberirdischen Parkplatz brauche.

Carlos Montufar vom Architekturbüro NHM erklärt das ganz anders: Wenn ein öffentlicher Platz gebaut werde, müsste das Dach der Tiefgarage vorschriftsgemäß auf viel höhere Lasten hin ausgelegt werden als bei einem privaten Platz. Das sei teuer. Nur deshalb wolle der Investor den Platz kaufen. Parkplätze seien auf dem Platz nicht geplant, auch keine Nutzungseinschränkungen. Finanzbehörde und AVW nahmen gestern nicht Stellung.