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Archiv-Artikel

EIN-EURO-JOBS KÖNNEN EIN SINNVOLLES INSTRUMENT VON HARTZ IV SEIN Kleine Löhne, große Ziele

Jetzt sind Mindestlöhne in der Debatte – und gleichzeitig Ein-Euro-Jobs. Wie passt das zusammen? Man muss genau hinschauen, denn bei der Kritik an den im Rahmen von Hartz IV geplanten Ein-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose wird nicht genügend differenziert. Mit diesem Instrument werden unterschiedliche Ziele verfolgt.

Offizielles Ziel ist, Langzeitarbeitslose in den regulären Arbeitsmarkt zurückzuholen, indem ihnen vom Staat oder halbstaatlichen Wohlfahrtsverbänden einfache Arbeitsplätze angeboten werden, mit denen sie sich wieder an Erwerbstätigkeit gewöhnen, etwa in Stadtgärtnereien oder Pflegeheimen. Da die Arbeitslosen bereits Transferzahlungen erhalten, soll der Stundenlohn nicht hoch sein – ein Euro oder etwas mehr pro Stunde. Würde mehr gezahlt, wäre das Einkommen insgesamt so hoch, dass gering qualifizierte Arbeitslose kaum einen finanziellen Anreiz hätten, auf normale Jobs zu wechseln. Insgesamt beziehen Ein-Euro-Jobber damit einen Stundenlohn zwischen acht und zwölf Euro. Der Mindestlohn wäre mit Sicherheit – sagt Müntefering selbst – nicht höher als sieben Euro.

Einige Wohlfahrtsverbände versprechen sich billige Arbeitskräfte. Das wäre aber ein schlechtes Ergebnis der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose. Denn dadurch würde die Qualität der Pflege nicht besser. Eine alternde Gesellschaft braucht aber gute Pflegemöglichkeiten – und diese kosten Geld. Die Kosten der Pflegeversicherung – egal wie man sie im Einzelnen finanziert – werden steigen und Ein-Euro-Jobs sollten diesen schmerzhaften Prozess nicht aufschieben.

Ein weiteres Ziel der Ein-Euro-Jobs besteht gar nicht darin, dass Langzeitarbeitslose tatsächlich diese Jobs ausüben. Vielmehr benutzen in vielen Fällen die Sozialämter Ein-Euro-Job-Angebote nur, um arbeitsunwilligen Stütze-Beziehern, die im Verdacht stehen schwarzzuarbeiten, die Sozialleistung zu streichen. Das machen einige Kommunen schon erfolgreich – künftig soll es flächendeckend geschehen. Und das ist vernünftig.

Das dritte – unausgesprochene – Ziel ist ambivalent zu werten. Ein-Euro-Jobs sollen in Ostdeutschland auf Dauer einen zweiten Arbeitsmarkt schaffen. Die Kritik ist zwar völlig berechtigt, dass dadurch „Sozialhilfekarrieren“ – wie zuvor ABM-Karrieren – gezüchtet werden. Aber kurz- und leider wohl auch mittelfristig gibt es dazu in den neuen Bundesländern keine Alternative, will man offene Massenarbeitslosigkeit vermeiden.

Die Ein-Euro-Jobs sind also ein durchaus problematisches Instrument. Aber wenn es gelingt, dass im Sozialbereich kein Missbrauch damit getrieben wird, kann man sie verantworten. GERT G. WAGNER

Gert G. Wagner ist Forschungsdirektor am DIW Berlin