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Linkspartei im Mietstreit

Zoff in der Koalition: Die Linkspartei will gezielt arme Mieter in Sozialwohnungen unterstützen und nicht generell Subventionen an die Vermieter zahlen

In der Linkspartei regt sich Widerstand gegen einen Senatskompromiss mit der SPD zu den Obergrenzen für Mieten in Sozialwohnungen. Nach Angaben der Sprecherin der Linksfraktion wollen die Abgeordneten am kommenden Dienstag diese Frage auf einer Klausursitzung beraten. Es sei noch nicht geklärt, ob die Begrenzung der Mieten tatsächlich die erhofften Auswirkungen habe. Die Linke strebe an, nicht mehr die Vermieter zu bezuschussen, sondern die bedürftigen Mieter.

Der von SPD und Linkspartei geführte Senat hatte am Dienstag einen Kompromiss bei den Mietobergrenzen beschlossen. Bei 6.200 Wohnungen in den Großsiedlungen in Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln dürfen die Mieten nicht über 5,35 Euro pro Quadratmeter steigen. Die Wohnungen liegen etwa in der Rollbergsiedlung oder am Neuen Kreuzberger Zentrum am Kottbusser Tor. Bei weiteren 10.000 Wohnungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in einfacher und mittlerer Wohnlage dürfen die Mieten nicht teurer als 5,75 Euro je Quadratmeter sein.

Nach Angaben der Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), sollen die Obergrenzen gewährleisten, dass die soziale Mischung in den betroffenen Kiezen erhalten bleibt und Bewohner nicht wegen steigender Mieten umziehen müssen. Die Vermieter erhalten als Ausgleich dafür, dass sie die Mieten nicht weiter anheben, einen Zuschuss aus Steuergeldern. Für den Haushalt des Landes Berlin bedeutet das zusätzliche jährliche Ausgaben in Höhe von 3,5 Millionen Euro. Hinzu kommen mögliche Einnahmeausfälle bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften.

Einen Tag nach dem Beschluss im Senat vertagte allerdings der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses das Thema auf Wunsch der Linksfraktion. Die Fraktion will das Thema nun noch einmal besprechen. Die Partei will lieber bedürftige Mieter subventionieren als die Vermieter. Dies würde bedeuten, dass Mieter, die nicht bedürftig sind, mit Mietsteigerungen rechnen müssen.

Genau das kritisiert die SPD. Die Linke müsse sich überlegen, ob sie nur noch für die Empfänger von Hartz IV Politik machen möchte, so der Landesvorsitzende Michael Müller. Wer seine Miete selbst verdiene und dabei knapp über der Einkommensgrenze liege, erhalte dann nichts. Die SPD als Volkspartei habe dagegen den Anspruch, auch für diese Mieter etwas zu tun.

Die Grünen wollen auch Mietsteigerungen außerhalb von Sozialwohnungen begrenzen. Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto kritisiert, „dass die Mieten in Berlin insgesamt stärker steigen als die Einkommen. Und das in den meisten Fällen ohne eine adäquate Steigerung des Wohnwertes.“ Der Senat solle über den Bundesrat erreichen, dass die Mieten bei Neuvermietungen höchstens 15 Prozent über den örtlichen Vergleichsmieten liegen dürfen. Dies solle im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden. Derzeit spielt der Mietspiegel nur bei Mieterhöhungen von Bestandsmietern eine Rolle – von neuen Mietern können die Vermieter auch mehr Geld verlangen.

Die Vermieter begrüßen Mietobergrenzen, die ihnen weitere Zuschüsse vom Land sichern. Die Obergrenze „gewährt einigen Sozialmietern eine Atempause“, so Ludwig Burkardt, Vorstandsmitglied beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Notwendig sei aber eine „grundsätzliche Neugestaltung des Fördersystems“. Mit immer kurzfristigeren Konzepten sei dem Sozialwohnungsbereich dauerhaft nicht mehr zu helfen, so Burkardt. SEBASTIAN HEISER

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