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Archiv-Artikel

Deutsche Hilfswerke im Irak nicht mehr sicher

Bündnis „Deutschland Hilft“ erwägt Abzug der Hilfswerke und begrüßt deutsche Ausbildungshilfe für Polizei im Irak

BERLIN taz ■ Das Bündnis deutscher Nichtregierungsorganisationen im Irak, „Deutschland Hilft“, erwägt einen Abzug deutscher Hilfswerke, sollte sich die Sicherheitslage weiter verschlechtern. „Die Gewalteskalation im Irak bedroht nun auch unsere humanitäre Arbeit und damit eine Versorgungsstütze der Not leidenden irakischen Bevölkerung“, sagte Vorstandsmitglied Manuela Rossbach gestern in Berlin. „Viele Maßnahmen, die nötig wären, lassen sich nicht mehr sicher durchführen.“

Die Unsicherheit im Irak zwingt Hilfsorganisationen dazu, ihre Ressourcen vermehrt in den Selbstschutz ihrer Mitarbeiter und Helfer zu investieren, was ihre eigentliche Arbeit beeinträchtigt. Es vergehe kein Tag, ohne dass die Mitarbeiter und Helfer bedroht oder auch angegriffen werden, so Rossbach. Keine der Organisationen habe noch deutsche Mitarbeiter im Irak, sondern arbeite ausschließlich mit lokalen Mitarbeitern, die der Situation auch besser gewachsen seien.

Sehr plastisch konnte Peter Willers von „Help“ die Situation beschreiben. Er kam erst vor drei Tagen aus dem Irak zurück, wo er in der Nähe von Bagdad bei der Entsorgung von zurückgelassener irakischer Munition und britischen und US-amerikanischen Clusterbomben geholfen hat. Seinem Bericht zufolge müssen die Mitarbeiter sich ständig über Funk melden, nach Einbruch der Dunkelheit kann niemand auf die Straßen. Die Autos der Organisationen wurden teilweise umlackiert, damit sie im Straßenbild nicht auffallen. Die Hilfsorganisationen müssen ihre Büros hinter Sandsackbarrikaden verschanzen oder sogar ganz evakuieren.

Peter Willers zufolge geht die Gefahr vor allem von Kriminellen aus, die in den letzten Tagen des Baath-Regimes aus den Gefängnissen entlassen worden waren. Sie würden sich immer besser organisieren und teilweise eine gefährliche Allianz mit Terroristen eingehen, die Kopfgelder auf US-Soldaten ausgeben.

Die US-Soldaten indes seien wenig präsent. „Von den 150.000 Soldaten sind ungefähr 100.000 tatsächlich auf den Straßen“, sagte Willers. „Das ist nicht viel für ein Land der Größe Frankreichs.“ Deshalb halte er eine Verstärkung der irakischen Polizeikräfte für sehr wichtig und begrüße die Ankündigung der Bundesregierung, hier Hilfe zu leisten. Nur in der Zusammenarbeit mit irakischen Kräften sei es möglich, ein Vertrauensverhältnis zur irakischen Bevölkerung aufzubauen, ergänzte Frau Rossbach.

Zur Zeit sind von dem Bündnis „Deutschland Hilft“ die Organisationen Adra, AWO, Care, Help, Malteser Hilfsdienst, World Vision und Parität im Irak präsent. THILO F. PAPACEK