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Archiv-Artikel

You Are That Pig

Das erste Burning-Man-Festival fand 1986 am Strand von San Francisco als Kunstperformance statt. Larry Harvey, ein junger Künstler, verbrannte eine lebensgroße Holzpuppe. Warum? Um sich von jenem Teil in ihm zu lösen, der seine Exfreundin immer noch liebt: So geht die Legende.

Vor allem muss es eine gute Party gewesen sein – was sich so sehr herumsprach, dass sie in den folgenden Jahren immer wieder stattfindet. 1989 musste gar die Polizei das Fest abbrechen: Viel zu viele Menschen waren gekommen, sodass Anwohner sich über Ruhestörungen beschwerten.

1990 fand das Festival erstmals in der Black-Rock-Wüste von Nevada statt: drei Autostunden nördlich von Reno gelegen, 1.200 Meter über dem Meer; einst ein großer Salzsee, heute eine surreale spiegelglatte Landschaft voll feinen alkalischen Staubes.Tagsüber steigen die Temperaturen bis vierzig Grad, nachts sinken sie bis zum Gefrierpunkt.

Larry Harvey nennt sich heute „Executive Director“ von Black Rock City. Aufgewachsen ist er als Adoptivkind auf einer Farm bei Portland. In seiner Jugend fühlt er sich als Außenseiter. Ende der Siebzigerjahre zieht er nach San Francisco und findet in der Kunstszene sein Zuhause.

Der schnellste Weg nach Black Rock City führt durch die Luft; während der sieben Festivaltage landen etwa siebzig kleine Flugzeuge in der „Stadt auf Zeit“. Dieses Jahr mussten erstmals zwei Flugzeugabstürze beklagt werden. Ursache: Pilotenfehler. Fünf Menschen wurden verletzt. Traurig auch: Eine 21-jährige Frau starb, nachdem sie dehydriert (ausgetrocknet) von einem Art Car fiel. Bei den Heimreisen gab es zwei weitere Todesopfer.

Dabei sind die ganz wilden Zeiten eigentlich vorbei. Vor fünf Jahren war der Gebrauch von Schusswaffen noch nicht verboten. Beliebtes Spiel damals: Tontaubenschießen vom fahrenden Auto aus.

Gut dreißigtausend Besucher wurden dieses Jahr gezählt, unter ihnen zwei Drittel weiße Amerikaner, die meisten mit Wohnsitz Los Angeles. Auffällig aber die wachsende Zahl von Europäern und Kindern. Hunde mitzubringen ist nach wie vor verboten.

Ob das Festival im kommenden Jahr am gewohnten Ort stattfindet, ist offen. Den Vertretern von Washoe und Pershing County, auf deren Gebiet das Festivalgelände liegt, reichen die zehn Millionen Dollar, die das Organisationsteam jedes Jahr an sie überweist, nicht mehr. Müllbeseitigung und der Aufwand für die Verhaftung von Drogenkonsumenten überstiegen die Einnahmen weit. Alternative Wüstenorte im Norden Nevadas stehen jedoch schon bereit.

Die schönsten (Themen-)Camp-Namen dieses Jahr: Bollywood, Camp Skullfuck, Dreamcatcher, Ecstasia Villa, Democratic Republic of Gigsville, Glittercamp, Ministry of Mutation, Neverland, Nuclear Family, Paul is sexy, PedEx, Jiffy Lube, Space Virgins, Stairway to Heaven, Steal your Soul, United States Posal Service, You Are That Pig.

Der nächste Burn findet in der letzten Augustwoche 2004 satt. Tickets kosten zwischen 145 und 300 Dollar, je nach Zeitpunkt der Bestellung. Verkauft werden nur Wochentickets. Alle Informationen unter www.burningman.com. HENNING KOBER