: Kuschinator I
PUA Schwarzer Filz: Unbequeme Anstaltsleiterin wurde vom Senator am Telefon geschurigelt und dann versetzt
Gestern hat die Beweisaufnahme erst begonnen – aber für einen ersten Einblick in die Art, wie Justizsenator Roger Kusch (CDU) seine Behörde zu führen pflegt, hat es schon gereicht. Claudia Dreyer, die erste Zeugin vor dem Filz-Untersuchungsausschuss, der die Personalpolitik von Kusch untersuchen soll, ist eins der Opfer dieser Amtsführung. Die 50-jährige ehemalige Leiterin der Justizvollzugsanstalt Billwerder hatte sich zart kritisch zur Abschaffung des Spritzentauschs in den Gefängnissen geäußert und wurde als Strafmaßnahme vom Senator versetzt: Sie ist jetzt nur noch stellvertretende Leiterin der Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis.
Die Ausschussmitglieder interessierten sich besonders für ein Telefonat, das Kusch mit Dreyer im Juni vergangenen Jahres geführt hatte. Der Senator hatte nach den Äußerungen Dreyers zum Spritzentausch, die im Herbst 2001 in einem kleinen Artikel der Bergedorfer Zeitung veröffentlicht worden waren, die Devise ausgegeben, dass die vermeintlich unbotmäßige Anstaltsleiterin nicht die Führung in Billwerder behalten dürfe. Schließlich ist die Anstalt, die Kusch von einem offenen in einen geschlossenen Vollzug umgewandelt hat, das Aushängeschild der restiktiven Justizpolitik des Senats.
Der Senator wolle nicht, dass „Dreyer das Flaggschiff Billwerder zu Wasser lässt“, soll der Leiter des Strafvollzugsamtes, Johannes Düwel, ihr gegenüber geäußert haben, sagte Dreyer gestern aus. Deshalb sollte sie zunächst als Leiterin an die Haftanstalt Nesselstraße versetzt werden – womit sie auch einverstanden war. Als sie dies jedoch umgehend ihren MitarbeiterInnen mitgeteilt habe, habe Kusch dies als Indiskretion aufgefasst und hatte sie daraufhin erbost angerufen, berichtete Dreyer. In dem Telefonat habe er sie persönlich beleidigt, sich über ihr „Rumgequatsche“ aufgeregt, ihr angekündigt, sie werde es „nicht schaffen, meinen Strafvollzug kaputt zu machen“ und ihr gedroht, ihre Tage im Vollzug seien gezählt. Dreyer: „Das letzte Mal bin ich als Schulmädchen so abgekanzelt worden.“
Als sie daraufhin Kusch einen Brief geschrieben hatte, in dem sie sich gegen die Angriffe verwahrt hatte, wurde der Wechsel an die Nesselstraße von der Behörde kurzerhand umgewandelt in eine Versetzung auf die stellvertretende Leitung der U-Haft.
Die Abschaffung des Spritzentauschs hat Dreyer als loyale Beamtin in ihrer damaligen Funktion als Leiterin der Anstalt in Billwerder noch selbst organisiert. Fachliche Fehler seien ihr auch nicht vorzuwerfen gewesen, habe ihr Düwel versichert. Warum sie dann versetzt wurde? „Ich war offenbar nicht erwünscht.“ PETER AHRENS