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Archiv-Artikel

Heiße Luft statt Mieterschutz

Nach monatelangen Protesten hat der Essener Wohnkonzern Viterra seine Selbstverpflichtung abgegeben. Doch der Schutz der Mieter in den verkauften Wohnungen fällt mager aus

VON ALEXANDER BÖER

Viterra-Mieter sind wieder enttäuscht: Die Ende der Woche veröffentlichte Selbstverpflichtungserklärung des Essener Wohnungsbauunternehmens geht ihnen nicht weit genug. In der Erklärung sichert Viterra ihren Mietern ein zehnjähriges Bleiberecht zu, sollten die Wohnungen an einen dritten Verkauft werden. Der zukünftige Eigentümer wird vertraglich dazu verpflichtet, den Mietern in diesem Zeitraum nicht zu kündigen.

“Das ist nicht der entscheidende Punkt“, sagt Knut Unger vom MieterInnenforum Ruhr. Viele Kommunen hätten sowieso schon Regelungen, die den Mietern acht Jahre Mietschutz garantieren, von einem großartigen Entgegenkommen der Viterra AG könne da keine Rede sein.

Anfang des Jahres hatte Viterra, größter Immobilienbesitzer im Revier, 27.000 Wohnungen verkauft. Nach heftigen Protesten der MieterInnen und Druck aus dem NRW-Wohnungsbauministerium versprach Viterra, freiwillig die Mieterrechte auszuweiten.

Den Mietern geht es vor allem darum, nicht aus den Wohnungen gewiesen zu werden. In der Erklärung wird ihnen zugesichert, dass sich Viterra im Falle einer Eigenbedarfsanmeldung durch den neuen Eigentümer „bemühen wird, den betroffenen Mietern eine angemessene Alternativwohnung“ anzubieten. Viterra sichert eine „großzügige“ Behandlung der Härtefälle zu und bietet dem Mieter umfassende Information über Schutzrechte an. „Woraus diese bestehen bleibt im Dunkeln“, sagt Unger, dabei sei Schutz bitter nötig. Einzelerwerber würden Wohnungen kaufen um Eigenbedarf anzumelden. „Zwei kleine Wohnungen im Erdgeschoss sind schnell zu einer Eigentümerwohnung zusammengelegt. Bei Bedarf legt man die zwei restlichen Wohnungen für die Eltern oder Kinder zusammen. Dann kann sich der Käufer gegenüber vier Mietern auf Eigenbedarf berufen.“ Unger befürchtet ein Auseinanderbrechen von jahrzehntelang gewachsenen sozialen Strukturen, wenn ohne die Mieter Entscheidungen getroffen würden die „ganze Stadtviertel betreffen“.

NRW-Wohnungsbauminister Michael Vesper (Grüne) lobt hingegen die Selbstverpflichtungserklärung der Viterra AG. Sie sei ein wichtiger Schritt, den Mietern Rechte zu gewähren, die über das gesetzlich verankerte Maß hinausgehen. „Unser Engagement hat sich gelohnt, auch wenn ich mir ein größeres Entgegenkommen gewünscht hätte“, erklärte Vesper. Heike Dongowski, Pressesprecherin des Ministeriums sagte, das man alles weitere erstmal abwarten wolle. Zur Frage, ob man sich in weiteren Verhandlungen mehr erhoffe, wollte sie sich nicht äußern. Viterra ist allerdings zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit. „Wir sehen keine Notwendigkeit da noch weiter zu gehen“, so Katja Klemm, Pressesprecherin der Viterra AG.