Hoon bereut nichts

Verteidigungsminister gibt im Kreuzverhör zu, dass er von der Bloßstellung Kellys als BBC-Informant wusste und sie abgesegnet hat

DUBLIN taz ■ Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon gab gestern im Kreuzverhör vor dem Kelly-Untersuchungsausschuss erstmals zu, dass er über die Strategie, den Wissenschaftler David Kelly als BBC-Informanten bloßzustellen, informiert war – und dass er sie abgesegnet hat. Dennoch habe er alles richtig gemacht, sagte Hoon. Die beiden Alternativen, zu lügen oder keinen Kommentar abzugeben, erschienen dem Minister „nicht zufrieden stellend“.

Die BBC hatte im Mai berichtet, die Regierung habe ihr Irak-Dossier vorigen September aufgebauscht, um den Krieg zu rechtfertigen. Die Warnung, der Irak könne seine Massenvernichtungswaffen binnen 45 Minuten aktivieren, soll auf Veranlassung von Premier Blairs Chefsprecher Alastair Campbell ins Dossier aufgenommen worden sein. Kelly, der als Waffenexperte für das Verteidigungsministerium arbeitete, brachte sich um, nachdem die Regierung ihn als Quelle der BBC geoutet hatte.

Hoon sagte gestern, er habe jede mögliche Rücksicht auf Kelly genommen: Während sein Ministerium die bloßstellende Presseerklärung vorbereitete, habe er dem Wissenschaftler geraten, für eine Weile unterzutauchen. Ferner habe er seinen Privatsekretär angewiesen, in Kontakt mit Kelly zu bleiben, um sich regelmäßig nach dessen Wohlergehen zu erkundigen.

Schon um vier Uhr hatten sich gestern Schlangen vor Gericht gebildet. Tausende wollten live erleben, wie Hoon um sein politisches Überleben kämpft. Die meisten Beobachter erwarten, dass Blair seinen Verteidigungsminister zum Sündenbock machen wird. In seiner ersten Aussage vor dem Ausschuss Anfang des Monats hatte Hoon bestritten, irgendetwas mit der Entscheidung, Kellys Namen zu veröffentlichen, zu tun zu haben.

Damit konnte er Lordrichter Hutton nicht beeindrucken. Dessen Untersuchung endet am Donnerstag. Mit dem Bericht ist nicht vor November zu rechnen. Bis dahin bleibt die Lage auch für Blair angespannt. Sollte Huttons Bericht ergeben, die Regierung habe am Irak-Dossier herumgedoktert, bliebe dem Premier nach eigener Einschätzung nur der Rücktritt. RALF SOTSCHECK