: Bremen setzt weiter auf Musical
Neues Konzept für das Theater am Richtweg: Jetzt organisiert die Stadt selbst Musicals. Die Kosten für die Immobilie werden damit natürlich nicht erwirtschaftet, die kommen aus dem Topf der Sanierungsinvestitionen für Bremen
Bremen taz ■ Musical-Pleite? War einmal. Geht es nach dem Wirtschaftsressort, soll die staatliche Hanseatische Veranstaltungs-Gesellschaft (HVG) künftig selbst als Betreiberin der Spielstätte am Richtweg auftreten und Musicals, Tanztheater und „geschlossene Veranstaltungen“ dorthin holen. Voraussichtlicher Zuschussbedarf: weit mehr als zwei Millionen Euro jährlich. Morgen sollen die Wirtschaftsförderungsausschüsse zustimmen.
Die Stadt zahlt bisher 869.000 Euro Jahresmiete an den Eigentümer der Immobilie und 2,26 Millionen Euro an Zins und Tilgung, da die Umbauten für das Musical „Jekyll&Hyde“ nicht vom Hauseigentümer oder vom Betreiber finanziert, sondern von Bremen spendiert wurden. Der Vertrag läuft noch bis 2018. Als „Jekyll&Hyde“ gescheitert war und alle Hoffnungen auf das Musical „Hair“ gesetzt wurden, hat sich Bremen zudem verpflichtet, alle Sozialplankosten für „Jekyll&Hyde“ von der privaten Betreiberfirma zu übernehmen – das kostete 430.000 Euro. Die sollen die Wirtschaftsförderausschüsse am Donnerstag gleich mit überweisen, wenn über die Zukunft des Hauses entschieden wird.
Finanziell war die Stadt auch bisher schon weitgehend für den Musical-Betrieb verantwortlich. Die Idee für die weitere Nutzung des Gebäudes schließt an diese Realität schlicht an: Die HVG soll nun auch förmlich Veranstalter von Musicals werden. Der Umbau des Theaters am Goetheplatz verzögert sich, dieses wird die Räume am Richtweg daher bis zum Sommer 2004 nutzen – dann soll es losgehen.
Woher kommt die neue Hoffnung auf das große Musical-Geschäft? Es habe eine „massive Marktbereinigung“ stattgefunden, schreibt der Wirtschaftssenator in der Beschlussvorlage. Neben Bremen hätte auch manche andere Musical-Produktion ihre Pleite erlebt. Das sei gut für Bremen: Der Markt befinde sich in einer „Konsolidierungsphase“, heißt es: „Aus diesen geänderten Rahmenbedingungen ergibt sich für das Musicaltheater Bremen die Chance, sich zunächst als Zweitvermarktungsstandort für First-Class-Produktionen mit Laufzeiten von mehreren Wochen zu etablieren. Darüber hinaus besteht weiterhin die Chance, länger laufende Musicals für Bremen zu akquirieren, insbesondere wenn neue Produktionen ungebrochenes Zuschauerinteresse finden.“
Klaus Möhle, für die Grünen im Wirtschaftsförderungsausschüssen, ist schon entnervt von diesem Jargon. „Das wird jetzt wieder alles schöngeredet“, sagt er. Im selben Stil wie damals werde „herumphantasiert“, das gleiche Modell neu aufgelegt – „als hätten wir eine Gelddruckmaschine im Keller“.
Natürlich kann die neue Nutzung durch die städtische HVG die Kosten nicht erwirtschaften. Deshalb schwört das Wirtschaftsressort die Parlamentarier in den Förderausschüssen schon einmal darauf ein, dass sie die Hoffnung, einen Teil der Umbaukosten durch Mieten zu erwirtschaften, aufgeben müssen. Und dass eine Konkurrenz zu anderen Veranstaltungsstätten, eine „Kannibalisierung“ nicht stattfinde, das „gewährleiste“ der Betreiber selbst, die HVG.
Auch Immobilienbesitzer Korn darf sich freuen: Ihm gehört bisher noch die Veranstaltungstechnik im Musicaltheater, die derzeit wertlos herumsteht. Die muss Bremen ihm natürlich teuer abkaufen – für 1,863 Mio Euro. Klaus Wolschner