: Bakterienduschen
Schweden sorgt sich um drei Fälle von Legionärskrankheit. Ursache: die Gemüseabteilung in einem Supermarkt
STOCKHOLM taz ■ Drei Erkrankungsfälle mit der gefährlichen „Legionärskrankheit“ – davon einer mit tödlichem Ausgang – innerhalb von sechs Wochen im nordschwedischen Umeå sind aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Befeuchtungsanlage der Frucht- und Gemüseabteilung in einem Supermarkt der Stadt zurückzuführen. Die Fruchtdusche, welche einen hauchdünnen Nebel über Äpfel und Salatköpfe verbreitete, streute auch die Legionella-Bakterien aus.
Alle drei Erkrankten pflegten im gleichen Supermarkt einzukaufen, worauf ein Beamter auch die dortige Befeuchtungsanlage genauer unter die Lupe nahm – und tatsächlich fündig wurde. Das staatliche Seuchenschutzinstitut („Smittskyddsinstitutet“, SMI) vergleicht gerade den in der Supermarktdusche gefundenen Bakterientyp mit dem der drei Erkrankten. Bei einem dieser wurde eine Übereinstimmung mittlerweile festgestellt.
Der konkrete Verdacht hat die Lebensmittelbranche in helle Aufregung versetzt. „Das ist ganz schrecklich, das müssen wir furchtbar ernst nehmen“, reagiert Thomas Svaton, Vorsitzender des Verbands des Lebensmittelhandels. Und er beteuert, dass es sich seines Wissens nach um einen bislang einmaligen Fall handelt. Auch Görel Almestam vom SMI meint, „dass man noch niemals derartige Legionella-Bakterien in Supermarkt-Befeuchtungsanlagen nachgewiesen“ habe. Tatsächlich aber warnte die schwedische staatliche Bauaufsicht „Boverket“ bereits 1999 in einem Untersuchungsbericht vor den Befeuchtungsanlagen – konkret unter Bezugnahme auf mindestens einen Legionellen-Erkrankungsfall in den USA.
Die Erreger breiten sich auch in manchen Warmwasser- und Klimaanlagen aus. In den USA wird auf ärztlichen Internetseiten auch vor den Supermarktsprühern gewarnt. Die fraglichen Befeuchtungsanlagen sollen Gemüse und Früchte frisch halten. Der dünne Wasserschleier soll die Ware aber auch appetitlicher und attraktiver aussehen lassen und hat den für den Handel positiven Nebeneffekt, dass die gut befeuchteten Lebensmittel an der Kasse schwerer wiegen und deshalb teurer sind. Für die KonsumentInnen haben diese Duschen keinen Vorteil – eine gewöhnliche Kühlanlage tut den gleichen Dienst. Und verbreitet zumindest keine Legionella-Bakterien.
Auch in Deutschland treten von Zeit zu Zeit Legionellen auf. Im Juli musste etwa ein Nobelhotel am Potsdamer Platz in Berlin für kurze Zeit die Zimmer leer stehen lassen, weil sich die Erreger in den Wasserleitungen fanden. Im Juli 2003 starben Patienten einer Klinik in Frankfurt an der Oder. Zur Jahreswende erkrankten rund um eine französische Kosmetikfabrik an die 100 Menschen. In Japan infizierten sich 2002 hunderte beim Besuch eines Bades. REINHARD WOLFF