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Archiv-Artikel

Volk ohne Grundbildung

GAL-Kritik am Schul-Etat: Vorschulklassen, Sprachförderung und Erzieherbildung in Gefahr. Volkshochschule für gut Verdienende

Bald nur noch „marktgerechte Kurse für gut Betuchte“ an der Volkshochschule

von KAIJA KUTTER

Wäre die GAL an der Regierung, würde sie die 98 gymnasialen Oberstufen zu rund 60 Zentren zusammenlegen: „Dann hätten wir Geld noch und nöcher“, erklärte gestern die Schulpolitikerin Christa Goetsch. Doch die GAL regiert nicht. Und so musste sie sich auch bei den gestrigen Haushaltsberatungen im Schulausschuss damit bescheiden, den Finger in Wunden zu legen.

„Wir wollen die Umsteuerung von unten nach oben“, sagte Goetsch. Der CDU-Senat tue aber wieder einmal „genau das Gegenteil“. So werde der Vorsatz, Bildung von Anfang an zu fördern, durch die geplanten Gebühren für Vorschulen „konterkariert“. Goetsch: „Wenn die Vorschule Geld kostet, dann ist das ihr Tod.“ Im Haushaltsplan habe der Senat dies bedacht und für 2005 bereits 750 Kinder weniger eingeplant. Und dies, obwohl die Bildungsbehörde gerade stolz verkündete, es sei ihr dank der Untersuchung der Viereinhalbjährigen gelungen, sechs Prozent Kinder mehr für die Vorschulen zu gewinnen.

Ganz und gar nicht zu vertreten ist laut Goetsch auch die Absenkung der Sprach- und Leseförderung um 160 Stellen. Die grüne Schulexpertin wies darauf hin, dass der kürzlich in der KESS-Studie festgestellte Vorsprung der Hamburger Grundschüler um ein halbes Schuljahr gegenüber Berlin ohne diese Förderung nicht erreicht worden wäre. Doch laut Haushaltsplan stehen hier 2005 noch tiefere Einschnitte an, weil die „Sonderbedarfe“ nochmals um 275 Stellen gekürzt werden sollen.

Eine regelrechte „Melkkuh“ ist aus Sicht der GAL das Landesinstitut für Lehrerbildung geworden. Hier gehen im Zeitraum von 2002 bis 2006 ein Drittel der ursprünglich 385 Stellen verloren. Allein in diesem Jahr entfallen gegenüber 2003 rund 300 Fortbildungsveranstaltungen.

Besonders weh tut Goetsch der geplante Wegfall der „ErzieherInnenausbildung für Migrantinnen“. Hier werden Frauen, die ihren Ehemännern nachgezogen sind, zu Fachkräften fortgebildet, die „in den Kitas sehr geschätzt werden“, weil sie eine „Brücke“ zu den übrigen Migranteneltern bilden können, berichtet Goetsch. Die Frauen hatten für die dreijährige Ausbildung den Status von Praktikantinnen bekommen, da sie nicht Bafög-berechtigt sind – ein „Bildungsgeld“, das jetzt gestrichen werden soll.

Sogar „im Kern in Frage gestellt“, wird nach GAL-Einschätzung die Hamburger Volkshochschule. Sie muss nicht nur ihr Angebot zum Nachholen des Hauptschulabschlusses einstellen, ihr werden gar bis 2008 sämtliche Subventionen für Rentner, Schüler und Arbeitslose gestrichen. Zudem gebe es in der Bildungsbehörde eine Arbeitsgruppe, die die Umwandlung in eine GmbH plane.

Das sei, so Goetsch, „alarmierend“. Denn wenn eine Volkshochschule nur noch „marktgerechte Kurse für gut Betuchte“ anbiete, werde sie ihrer eigentlichen Aufgabe nicht mehr gerecht. Goetsch: „Sie muss eine Grundbildung für die Bevölkerung sichern.“