Rechtssicherheit für Rechtsrock

Bei einem norddeutschen Neonaziaufmarsch in Hamburg am Samstag soll erstmals „Meinungsfreiheit“ für Rechtsrock-Konzerte juristisch durchgesetzt werden

hamburg taz ■ „Wir spielen Rechtsrock fürs Vaterland“, grölt die Band „Oidoxie“. „Wir sprengen die Ketten und schlagen uns frei. Wir kämpfen für Deutschland (…) Und schreien immer wieder Heil, Heil!“: Am Samstag wollen die Dortmunder Rechtsrocker bei einem norddeutschen Neonaziaufmarsch unter dem Slogan „Musikfreiheit ist Meinungsfreiheit“ in Hamburg auftreten. Doch das bundesweit erste vom Hamburger Chef-Rechtsextremisten Christian Worch angemeldete Open-Air-Rechtsrock-Konzert ist juristisch umstritten. „Der Marsch ist erlaubt“, räumt ein Hamburger Polizeisprecher ein, „aber per Auflage ist der Auftritt dieser Band verboten.“ Denn deren Texte würden die „öffentliche Ordnung“ gefährden.

„Das Verbot ist mir sehr recht“, erklärt Worch indes, der es bereits angefochten hat. Seit 2001 setzt er sich, laut einem internen Schreiben an die Führungskader der „Freien Kameradschaften“, verstärkt für „Musikveranstaltungen“ ein, damit jungen Neonazis „zusätzlich etwas geboten werden“ könne. Wie schon bei „Latschdemos“ erreicht, hofft der gelernte Notariatsgehilfe, mittels Einsprüchen vor Gerichten Sicherheiten nun auch für Rechtsrockveranstaltungen zu erstreiten. Er würde denn auch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen: „Es kann in Sachen Rechtsrock nichts Besseres passieren“, erläutert er in einem Mobilisierungsschreiben, das der taz vorliegt,„als auch mal eine Entscheidung aus Karlsruhe zu kriegen.“

Ähnliche Verbote in Leipzig (Sachsen) und Soest (NRW) konnte er bereits per Gericht aufheben lassen. Von der Ladefläche eines Lastwagens spielten denn auch „Oidoxie“ in den Städten unter Jubel und Gegröle der Neonazis live. „Man hat unsere Väter verraten, Soldaten, die besten der Welt. Helden für Deutschland“, sangen sie in Soest. Für Worch so beeindruckend, dass er schwärmte: „Wie sie angefangen haben zu singen ‚Helden für Deutschland‘, da sind mir die Tränen gekommen.“

Wenn die Band sich außerhalb juristischen Zugriffs wähnt, spielt sie auf ihren Konzerten auch verbotene Rechtsrock-Klassiker wie das „Hakenkreuzlied“ nach: „Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um, hisst die rote Fahne mit dem Hakenkreuz.“ Der Mitschnitt eines Konzerts auf der Videoproduktion „Kriegsberichter“, ein finnischer Neonazivertrieb, blieb jedoch nicht ohne Folgen. Die Behörden in Deutschland ermitteln wegen Volksverhetzung. Gegen die CD „Schwarze Zukunft“ der 1995 gegründeten Band liegt bereits seit sechs Jahren ein Beschlagnahmungsbeschluss vor.

Auf welche Resonanz in der norddeutschen Neonazi-Szene der Liveact an der Elbe treffen wird, mag der Hamburger Vize-Verfassungsschutzchef Manfred Murck noch nicht einzuschätzen: „Zwischen 300 und 500 Personen erwartet Herr Worch.“ Mindestens genauso viele Gegendemonstranten werden erwartet, und die Polizei wird mit mehreren Hundertschaften im Einsatz sein. Andreas Speit

Der Neonaziaufmarsch startet um 11 Uhr an der U-Bahn Lattenkamp und geht über Winterhuder Markt zum Hamburger Polizeipräsidium; Antifaschistische Gegenkundgebung ab 11 Uhr vor dem Magazin-Kino (U-Lattenkamp) mit Hip-Hop Bands.