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Archiv-Artikel

„Die Emission ist eine andere“

Umweltminister Jürgen Trittin über die Formel 1 und das Bergwandern, über durchgeknallte Mountain-Biker und ökologisch korrekte Sportarten: „Wenn sich die Raserei auf die abgezirkelten Strecken beschränken würde, kann man damit leben“

Interview HANS MAHR

taz: Herr Minister, darf man sich eigentlich freuen, wenn Michael Schumacher Weltmeister wird?

Jürgen Trittin: Wem Autorennen Spaß machen, der darf sich freuen. Und wenn Schumi gewinnt, dann verliert BMW.

Aber rein vom Ökologischen her sind Autorennen nicht unbedingt das, was man sich als Bundesumweltminister wünscht …

Na ja, wenn sich die Raserei auf die abgezirkelten Strecken beschränken würde, kann man damit leben. Ob das Ganze wirklich ein Sport ist oder nicht in Wahrheit ein Wettbewerb der besten Ingenieure und Mechaniker, steht auf einem anderen Blatt. Aber das ist ja keine ökologische Frage, sondern eine sportliche Frage.

Solange die paar Rennwagen im Kreise fahren, ist das also in Ordnung. Die hunderttausenden, die über unsere Autobahnen rasen, die sind das Problem – richtig?

Genau.

Aber wirkt der Rennsport nicht extrem anregend für die ganz privaten Raser?

Rennsportfans gibt es in ganz Europa. Es gibt aber deutliche Unterschiede bei Aggression und Raserei im Verkehr. In vielen Ländern wird weniger aggressiv gefahren als in Deutschland. Deswegen kann sich kein Verkehrsrowdy darauf berufen, vom Rennsport angestiftet worden zu sein.

Schauen Sie eigentlich selbst die Formel 1?

Nein, die finde ich langweilig. Lustig ist nur, dass bei der Formel 1 die Litfaßsäulen sprechen können.

Welche Sportarten sind denn ökologisch in Ordnung? Nur die, die man aus eigener Muskelkraft betreiben kann?

Für mich gehören Sport und Umwelt zusammen. Zum Sport gehört Spaß, und deswegen kann man nicht jede Sportart nur danach labeln, wie ökologisch sie ist. Sicherlich ist das Emissionsverhalten beim Wandern in den Bergen einanderes als beim Motorsport …

das kann man so sagen …

… aber ich würde mich trotzdem scheuen, jede Art von sportlicher Betätigung nur deshalb, weil ein Verbrennungsmotor dazwischengeschaltet ist, für unökologisch zu erklären. Umgekehrt kennen wir ja auch die Fälle von Mountainbikern, die sich zehnmal pro Tag in den Alpen mit dem Lift hochziehen lassen, nur um dann auf freier Strecke mit dem Fahrrad möglichst schnell runterzurasen. Das ist unsportlich und unökologisch.

Es kommt also auf den Einzelfall an.

Genau. Was suchen denn Sportler? Sie suchen meistens das Erlebnis in der Natur – und das kann einen Ökologen doch nur recht sein.

Die Menschen dürfen also auch mit Schumi zittern und sich über einen Sieg freuen?

Natürlich können sie das.

Der Österreicher Hans Mahr ist seit 1994 Chefredakteur des Kölner Privatsenders RTL