Elf Gebote für den Kanzler …

… der mit dem lieben Gott nach eigenem Eingeständnis noch nicht am Ende ist

Das erste Gebot: Lieber Bruder Schröder, Sie sind nicht der liebe Gott, der uns aus der Knechtschaft der Wirtschaft führt. Sie sind vielleicht Moses. Aber der hat das gelobte Land nie gesehen.

Zweites Gebot: Und die von Ihnen überall gepredigte Neue Mitte werden wir nie anbeten! Von wegen keine anderen Götter anbeten dürfen.

Drittes Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen, Gerhard! Wehe, Sie rühren noch einen Feiertag an und rütteln am Sonntag, weil die Wirtschaft unsere Feiertage will! Wir werden nie Zeit haben, das Leben gemeinsam zu feiern. Wir werden krank werden.

Viertes Gebot: Herr Schröder, wie geht es eigentlich Ihrer Mutter? Mutter Gesellschaft jedenfalls liegt am Boden, während Vater Staat eine Keule nach der anderen aus dem Ärmel zieht. Ein Volk ohne Vision geht zugrunde, lehrt Salomo. Wo sind die Visionen?

Fünftes Gebot: „Du sollst nicht töten!“ Unser Volk dankt Ihnen, dass Sie uns alle oft mutig davor bewahrt haben, im Irak zu töten und getötet zu werden.

Sechstes Gebot: Bin auch geschieden! Wer im Glashaus sitzt, soll daher nicht mit Steinen schmeißen.

Siebtes Gebot: „Du sollst nicht stehlen!“ Und erst recht nicht das Kostbarste, was wir haben: Unsere Zeit!

Achtes Gebot: Apropos falsch Zeugnis reden, Herr Bundeskanzler! Das trifft nicht nur Sie. Wie kann eine Demokratie überhaupt funktionieren, wenn sie per se gegen das achte Gebot verstößt und von der Opposition immer nur in den übelsten Tönen redet und umgekehrt.

Neuntes und zehntes Gebot: Von wegen Du sollst nicht begehren des anderen Magd, Knecht, Vieh oder alles, was sein ist! Herr Schröder! Der Vater des Lebens verabscheut eine Gesellschaft, von der gepredigt wird, dass sie nur funktioniert, wenn man gierig ist. Warum interessiert Sie das nicht? Kapitalismus ist Kauf und Verkauf von Menschen.

11. Gebot (bisher apokryph): Und endlich hier exklusiv in der taz aus aktuellem Anlass das elfte Gebot: Wer droht, und immer wieder droht, Bruder Gerhard, die Sachen hinzuschmeißen, der arbeitet mit dem Angstmacherfaktor. Und Angst macht krank. Nicht nur Abgeornete. Wir folgen keinem Kanzler, der als Angst- und Krankmacher eine Gesundheitsreform voranbringen will! Irre! JÜRGEN FLIEGE, TALKSHOW-PASTOR