: Höchste Wertschätzung für Putin
US-Präsident Bush und sein russischer Amtskollege suchen bei ihrem Gipfeltreffen Gemeinsamkeiten. Die Themen reichen vom Öl über den Irak bis zu Irans Atomprogramm und Nordkorea. Der Kumpel aus Moskau erhält freie Hand in Tschetschenien
aus Washington MICHAEL STRECK
Eine Einladung auf George W. Bushs texanische Ranch gilt als Zeichen höchster Wertschätzung. Ein Besuch in Camp David, dem offiziellen Landsitz des US-Präsidenten, folgt in der Bedeutungsskala kurz danach. Gerhard Schröder hat weder die staubige Steppe noch das in den Bergen Marylands gelegene Blockhaus gesehen. Der russische Präsident Wladimir Putin wurde bereits in Texas und nun am Wochenende ganze zwei Tage in Camp David empfangen.
Bush sparte nicht mit warmen Worten für seinen Gast. „Er ist ein prima Kerl. Ich mag ihn“, sagte er zum Abschluss des Gipfeltreffens. Und das, obwohl Putin seinen „Buddy“ in letzter Zeit öfter geärgert hatte. Er opponierte zusammen mit Frankreich und Deutschland gegen die Kriegspläne im Irak. Die USA warfen russischen Firmen vor, sie hätten Saddam Hussein mit Rüstungsgütern versorgt. Und jüngst forderte auch Moskau im Chor mit Berlin und Paris die Korrektur des amerikanischen UNO-Resolutionsentwurfs, den Irak weiter unter US-Kontrolle zu belassen.
Trotz aller Differenzen hat Washington ein strategisches Interesse an guten Beziehungen zu Russland. Die USA wollen ihre Ölimporte aus Russland erhöhen, um die Abhängigkeit aus dem Nahen Osten zu reduzieren. Putin kündigte an, sein Land wolle der größte Öllieferant der USA werden. Beide Staaten möchten zudem den Nahen Osten stabilisieren, damit Terrorgruppen ihren Rückhalt verlieren und der Zugang zum schwarzen Gold gesichert ist. Diese gemeinsamen Interessen erleichterten die Beilegung des Irakstreits. Bush braucht dringend Unterstützung für den Wiederaufbau. Putin will die Gewinne russischer Ölfirmen sichern, die mit Hussein lukrative Verträge geschlossen hatten.
Doch die Ausgangspositionen sind unterschiedlich. Bush steht aufgrund der Probleme im Irak unter Druck. Putin sitzt momentan am längeren Hebel. Er kann auf Zeit spielen und jede Hilfszusage für Bagdad unter Hinweis auf das ausstehende UNO-Mandat vermeiden. Beim Streit über das iranisches Atomprogramm muss er keine Zugeständnisse machen und hielt an der russischen Unterstützung für einen Reaktorbau fest. In Sachen Nordkorea empfahl er anders als Bush Sicherheitsgarantien für Pjöngjang. Obendrein reist er mit dem Segen des US-Präsidenten zu seiner unnachgiebigen und blutigen Tschetschenien-Politik nach Hause. Höflich ignorierte Bush die Anzeigen russischer Oppositionspolitiker und Unternehmer in großen US-Zeitungen, in denen Putins Umgang mit Demokratie und Menschenrechten heftig kritisiert wird.
Russlands Präsident könnte sich bald für die freundschaftlichen Gesten revanchieren. Er signalisierte Entgegenkommen für eine neue Irakresolution, indem er eine etappenweise Machtübergabe an eine Regierung in Bagdad unterstützte. Auch wird es für möglich gehalten, dass Putin Soldaten schickt. Selbst wenn er nur Einheiten für den Schutz der Grenzen abkommandiert, wäre dies ein Erfolg für den angeschlagenen Bush, der damit die Kriegsgegnerachse aufbrechen könnte.