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Archiv-Artikel

Zweifellos im All

Der „54th International Astronautical Congress“ eröffnet ohne Kanzler Schröder aber mit viel Brimborium im Bremer Messe-Zentrum. 2.500 Fachleute wollen zwar nicht Zweck und Ziel, aber doch Theorie und Praxis der Raumfahrt diskutieren

aus Bremen Elke Heyduck

Der weltgrößte Raumfahrtkongress, der heute in Bremen eröffnet wurde, maß den Studierenden gleich zweimal eine gewichtige Rolle zu. Sie hätten die Begeisterungsfähigkeit, mit der allein man die Wissenschaften rund um die Raumfahrt als „hoch spannendes, hoch interessantes Gebiet“ wahrnehmen könne, begrüßte Bundesforschungsministerin Edelgard Buhlman (SPD) die 700 internationalen Studentinnen und Studenten zum „54. International Astronautical Congress“.

Andererseits, so maulte im Vorfeld des Kongresses der Vize-präsident der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) Klaus Berg, stünden die Bafög-Ausgaben von Frau Buhlman in unmittelbarer Konkurrenz zum Budget für die Weltraumforschung. Durch die, so Berg, „drastische Reduzierung dieses Budgets um 17 Prozent im vergangenen Jahr kann es in der deutschen Forschung zu Fadenrissen kommen, die nicht wieder gutzumachen sind“.

Neben den Studierenden nahmen an der gestrigen Eröffnungszeremonie rund 2.000 Wissenschaftler, Astronauten und Ingenieure aus 38 Ländern teil. In über 26 Symposien und bei mehr als 1.200 Vorträgen wollen sie in den kommenden vier Tagen Informationen über aktuelle Projekte und Forschungsergebnisse austauschen. Themen sind unter anderem die Internationale Raumstation (ISS), die Flüge zum Mars und das europäische Navigationssystem Galileo. Zu so genannten „Highlight Lectures“, die erstmals auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind, werden unter anderem der NASA-Chef Sean O‘Keefe und der Generaldirektor der russischen Luft- und Raumfahrtagentur, Yury Koptev erwartet.

Von den Misserfolgen der Raumfahrt, etwa den Fehlstarts der Ariane 5 oder dem Unglück der Raumfähre Columbia ist in dem ausladenden Kongressprogramm nicht die Rede. Auch bei der Eröffnungsfeier war von Skepsis gegenüber der astronomische Summen verschlingenden All-Forschung nichts zu spüren. Ministerin Buhlman lobte die Raumfahrt als „immens wichtig für das Wachstumspotenzial der Wirtschaft“. Mit Wetterdiensten, Navigationstechniken und Satellitenbeobachtung würden die Grundlagen für „neue Produkte und neue Dienstleistungen“ gelegt. Während der ursprünglich zur Eröffnung angesagte Kanzler wegen der Berliner Querelen nicht kam, verkaufte Buhlman den Raumfahrtexperten aus aller Welt die Agenda 2010 als einen Umbau der sozialen Sicherungssysteme zu Gunsten von Forschung und Wissenschaft vor.

Nach Peking, Melbourne, Rio de Janeiro und Houston ist Bremen in diesem Jahr Austragungsort der theoretischen Höhenflüge. Bremen nutzte die Gelegenheit, sich als Stadt der Luft- und Raumfahrt zu präsentieren. Der lokale Veranstalter, das Bremer Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), ist mit seinen Studien zur Schwerelosigkeit im 120 Meter hohen Fallturm ein gefragter Partner der internationalen Raumfahrt. Die deutsch-französische EADS Space Transportation, maßgeblich beteiligt am Bau der Ariane, hat hier ihren deutschen Hauptsitz. Nach der Zusammenlegung des deutschen mit dem französischen Werk im vergangenen Frühjahr werden in Bremen allerdings über 300 Stellen abgebaut. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Josef Kind, nannte die Tagung, zu der eine auch für Laien geöffnete Ausstellung modernster Raumfahrttechnik gehört, denn auch eine „wichtige Plattform für den Austausch zwischen Industrie, Wissenschaftlern und Raumfahrtagenturen“.