kommentar : Wahlen, die nichts ändern
Diesmal erübrigt sich das Wort vom „Stimmungstest“. Das erste Wahlergebnis nach den Hartz-Protesten bekräftigt nur, was längst schon alle wussten. Die SPD ist in ihrer Ex-Hochburg abgestürzt. Die CDU des Ministerpräsidenten Peter Müller profitierte unverdient vom Volkszorn über die Arbeitsmarktgesetze, denen Müller im Bundesrat selbst zugestimmt hatte.
Dabei gibt dieses Wahlergebnis, das so sehr von der Bundespolitik beeinflusst ist, auch die landespolitischen Verdienste durchaus treffend wieder. Der Rücktritt des Ex-Ministerpräsidenten Reinhard Klimmt vom Amt des Berliner Verkehrsministers, die allzu späte Demission des Saarbrücker SPD-Oberbürgermeisters Hajo Hoffmann, die Auftritte des Faktotums Oskar Lafontaine im Wahlkampf – das alles zeigte, dass die lokale SPD die Schatten der Vergangenheit noch längst nicht gebannt hat. Müller hingegen, der vor fünf Jahren mit der knappen Mehrheit von einem Sitz gewonnen hatte, konnte sich als Landesvater etablieren.
Für die Bundespolitik wird es erst richtig spannend, wenn zum Monatsende die Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen anstehen. In den beiden östlichen Bundesländern bleibt den Wählern als Alternative zu den Hartz-Parteien CDU und SPD nicht nur die Flucht in die Wahlenthaltung, sondern auch ein Votum für die PDS. Und die Rechtsradikalen, die im Saarland den Einzug in den Landtag gerade noch verpasst haben, könnten im Osten den Sprung ins Parlament schaffen.
Weniger noch als im Saarland wird die CDU in Potsdam und Dresden vom Tief der SPD profitieren. In Sachsen droht den Christdemokraten sogar der Verlust der absoluten Mehrheit, in Brandenburg werden sie nur noch als dritte Kraft gehandelt. Und bei den Kommunalwahlen an Rhein und Ruhr genießt die SPD den unschätzbaren Vorteil, dass sie schon beim letzten Mal einen Tiefpunkt erreicht hatte: Viel schlimmer, so hoffen die Strategen, wird es wohl nicht mehr kommen.
So erleben wir bei den historischen SPD-Tiefständen dieser Tage das merkwürdige Phänomen von Wahlen, die nichts ändern. Die Ministerpräsidenten Peter Müller, Matthias Platzeck und Georg Milbradt bleiben voraussichtlich im Amt. Auch an der Berliner Politbörse war die gestrige Niederlage der Sozialdemokraten längst eingepreist. Eine Wechselstimmung ist aus dem Hartz-Protest bislang nicht erwachsen – auch nicht nach dem gestrigen Wahlergebnis.
RALPH BOLLMANN