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Archiv-Artikel

„So was passiert. Wir wissen nicht, wie“

Die Minarette der Moschee am Columbiadamm sind achteinhalb Meter zu hoch. Wahrscheinlich bleibt es dabei

Sie sind achteinhalb Meter zu hoch. Das Neuköllner Bauamt weiß es seit fast zwei Monaten. Seit die amtlichen Vermesser die Minarette der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm gemessen haben: gut 37 Meter. In den Monaten davor hatte das Amt die Bauherren dreimal gebeten nachzuweisen, dass die Türme nicht mehr als 28,6 Meter in die Höhe ragen. Wie beantragt. Wie genehmigt. Der Nachweis blieb aus. Es wurde zwangsgemessen, mit bekanntem Ergebnis.

Der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde, Recep Türkoglu, gibt sich ratlos: „So was passiert. Wir wissen nicht, wie.“ Aber jetzt ist es irgendwie passiert: Die Türme sind zu hoch, und die Baustadträtin Stefanie Vogelsang ist böse mit dem Verein und hat verboten, dass weitergebaut wird. Mit Bußgeld droht sie. Von 100.000 Euro war die Rede, eine Zahl, die die Stadträtin nicht bestätigen will.

Das sind zusammengefasst die Gründe, warum eine Zeitung Türkoglu zu „Berlins traurigstem Türken“ ausrief. Über Jahre hat er Spenden gesammelt und Pläne geschmiedet für ein großes Gebetshaus im Herzen der islamischen Community. Baubeginn war dann im Jahr 1999 auf dem Gelände des türkischen Friedhofs am Columbiadamm. Die Gemeindemitglieder halfen: nicht nur mit Geld, sondern auch bei der Arbeit. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Selbst Baustadträtin Vogelsang ist hingerissen von dem „wunderschönen Gebäude“ mitten im Kiez. Aber: „Ich will nicht, dass es die Menschen unter sich begräbt. Das haben wir in der Türkei erlebt. Hier in Neukölln werde ich darauf achten, dass die Gesetze eingehalten werden.“

Zunächst, das ist wichtigste Bedingung, muss die Statik stimmen. Ein Gutachten steht noch aus, aber an seinem positiven Ergebnis zweifelt in Neukölln kaum jemand. Und die Baustadträtin kombiniert weiter: Eine intakte Statik wäre leider der Beleg, „dass die Sache von Anfang an geplant war“, und somit „ein Vertrauensbruch.“

Betrogen fühlen sich auch viele Bezirksverordnete. Sie hatten vor vier Jahren einstimmig für den Bau gestimmt. „Damit die Moscheen aus dem Hinterhofmilieu rauskommen“, sagt PDS-Abgeordneter Michael Anker. Er würde es begrüßen, wenn der Verein rückbauen müsste. Aber wahrscheinlich kommt er mit einem Bußgeld davon. War das von vornherein kalkuliert? Geld scheint Türkoglu für diesen Fall jedenfalls nicht gespart zu haben. Er sieht ein: „Wenn man einen Fehler gemacht hat, muss man Strafe zahlen.“ Es gibt nur ein Problem: „Unsere Kasse ist fast leer“, sagt der Vereinsvorsitzende. Also werden die Türme gekappt? Damit ist nicht zu rechnen. Vogelsang ist bereit, in diesem Fall „großzügiger zu sein als üblich“.

Und ob der Verein zahlen kann oder nicht, ist für das Überleben der Minarette in der jetzigen Höhe ohnehin ohne Bedeutung: „Wenn die Statik stimmt, bin ich bereit, aus dem Schwarzbau einen Legalbau zu machen“, kündigt die Baustadträtin an.