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Archiv-Artikel

Hollywood-Piloten vergeblich angeheuert

Die Weltraumkapsel „Genesis“ sollte zum ersten Mal Teilchen von der Sonne auf die Erde bringen – doch sie stürzte ab

Es sollte ein winziges Stück Sonne sein, das gestern auf der Erde erwartet wurde. Für viele Forscher war es sogar der wertvollste Stoff aller Zeiten. Aufgefangen in einer Kapsel mit dem poetischen Namen „Genesis“, umgeben von Sensoren aus Gold, Diamanten und Saphiren. Bewohner im westlichen Teil der Vereinigten Staaten konnten am gestrigen Morgenhimmel eine überdimensionierte Sternschnuppe sehen: „Genesis“ trat mit einer gleißenden Leuchtspur aus dem All in die äußere Schicht der Erdatmosphäre. Nach einer 32 Millionen Kilometer langen Reise kehrte sie zurück.

Für die US-amerikanische Raumfahrtagentur Nasa war die Mission außergewöhnlich. Sie heuerte Piloten aus Hollywood an. Die Stuntmänner sollten die Sonde vom Hubschrauber aus in der Luft einfangen, damit sie nicht auf dem Boden aufschlage und das Material zerstört werde.

Das Manöver: Die Kapsel schwebt auf ihren letzten 30 Kilometern über der Erde an einem Gleitfallschirm herab. In rund 1.000 Meter Höhe, über einer Trainingsbasis der US-Luftwaffe im Bundesstaat Utah, fischen die Piloten sie mit einem langen Haken, der an dem Hubschrauber hing, aus der Luft heraus. Dann bringt er die wertvolle Fracht behutsam zu Boden.

Ein zweiter Hubschrauber stand zur Sicherheit bereit. Die Piloten hatten insgesamt gut fünf Versuche.

Für „Genesis“ zahlte die Raumfahrtagentur Nasa 260 Millionen Dollar. 2001 schickten die Raumfahrer sie ins All. 900 Tage hielt sich die Sonde am so genannten Lagrange-Punkt 1 auf – dort, wo sich die Anziehungskraft der Sonne und der Erde genau die Waage halten. In ihren Edelstein- und Edelmetall-Sensoren, so hoffen die Wissenschaftler, hätten sich 10 bis 20 Mikrogramm Partikel des Sonnenwindes verfangen. Das sind die ionisierten Atome aus jenem Teilchenstrom, den die Sonne konstant mit hoher Geschwindigkeit ausstößt.

Der Sonnenstaubfänger hatte bei den Forschern große Erwartungen geweckt. Immerhin macht die Sonne 99 Prozent der gesamten Masse im Sonnensystem aus. Im Großen und Ganzen ist klar, woraus sie besteht, nämlich aus Wasserstoff, Helium und einem geringen Anteil schwererer Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff oder Eisen. Doch aus den Sonnenwind-Partikeln wollten die Experten nun detaillierte Erkenntnisse über den Aufbau und die Entwicklung der Sonne und des Sonnensystems gewinnen. „Erst mit diesem Material werden wir mit bisher nie erreichter Präzision in der Lage sein zu sagen, woraus die Sonne besteht“, hatte Don Burnett, einer der „Genesis“-Wissenschaftler, gehofft.

Doch es kam ganz anders: „Genesis“ ist in der Wüste des US-Bundesstaats Utah abgestürzt und zerstört worden. Die Fallschirme, an denen die Sonde auf die Erde schweben sollte, öffneten sich nicht oder nicht vollständig, wie aus Fernsehbildern der Nasa am Mittwoch hervorging. Die Forscher haben das Nachsehen. KENO VERSECK